ATAPOW Chapter 58(German)

Kapitel 58 – Durchbrochenes Stadttor


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Kapitel 58 – Durchbrochenes Stadttor

Spuren von Blut und Zerstörung bedeckten die aus schwerem Stein und Eisen bestehende Stadtmauer. Feuer und Rauch stiegen empor und verdunkelten den Himmel über den nahegelegenen Wohngebäuden. Die Lampen auf beiden Seiten des Stadttores flackerten durchgehend wie eine Kerze im Wind.

Auf den Türmen des Tores war der beißende Gestank der Verzweiflung in Form eines rötlichen Rauches zu sehen. Die dortigen Ritter lehnten sich kraftlos gegen die Brustwehr und gossen sich Wasser in ihre ausgetrockneten Kehlen. Ihre gebeutelten, schwer beschädigten Waffen lagen neben ihnen. Immer mal wieder hoben sie diese auf und starrten wachsam auf die Masse an Gegnern am Fuße der Mauer.

Für diese Ritter war es gut möglich, dass dies der letzte Kampf in ihrer Karriere sein würde. Auch wenn sie bisher keine Befehle von ihren Vorgesetzten erhalten hatten, waren sie bereit, bis zum Schluss ihre Position zu verteidigen. Aus Sicht der Kirche war mitten im Kampf zu Desertieren etwas absolut unverzeihlich.

Aber nicht jeder Ritter besaß ein so festen Moralkompass; Eine Reihe an weinenden Geräuschen zog leise durch die Gegend.

Die Gründe, wieso jemand ein Ritter wurde, waren so zahlreich wie die Ritter selbst. Einige wollten befördert werden, Geld verdienen oder auf einer Stufe über anderen stehen. Und andere wollten einfach nur ihren Lebensunterhalt verdienen. Gerade in solchen außergewöhnlichen Zeiten war daher niemand in der Lage, die Motive anderer zu kritisieren.

„Jungs, haltet die Klappe!“, unterbrach ein alter Ritter auf der Stadtmauer sein Schweigen und riss sich den Helm vom Kopf. „Euer Geheule nervt!“ Sein einem Raubtier gleichender Blick jagte den ihn umgebenen, jungen Rittern, welche die Köpfe gesenkt hatten und schweigend ihre Augen ausgossen, Angst ein. Mit leicht zitternden Körpern hoben sie ihren Blick, um auf den alten Veteranen zu sehen.

Er war ihr Mentor, ein Ritter, der an vorderster Front zahlreiche Kämpfe erlebt hatte und sich stets an den Ritter-Schwur gehalten hatte. Er war schon immer besonders strickt gegenüber seinen Schülern gewesen, hat sie immer wachsam überwacht und sie zu besseren Leistungen gedrängt. Natürlich hatte dies dazu geführt, dass sie ihn fürchteten. Vielmehr noch hatten sie sogar noch nie auch nur die Spur eines Lächelns auf seinen eisernen Lippen gesehen.

Für sie junge Ritter war er die physische Manifestation des Ritter-Schwurs. Unter seinem wachsamen Blick schien es niemandem erlaubt zu sein, auch nur im Ansatz gegen Regeln zu verstoßen.

„…“ Die Augen des Veteranen verengten sich als er sie über seine Schüler, die er seit einem Jahr trainiert hatte, schweifen ließ.

„Könnt ihr euch daran erinnern, was ich euch an dem Tag, an dem ihr dem Orden beitratet, gesagt habe? Die Rüstung eines Ritters ist einfach anzuziehen, aber schwer wieder abzulegen! Nehmt eure Helme ab und seht euch gegenseitig an. Sehr ihr nun eure schändlichen Gesichter? Wenn ihr nicht die Entschlossenheit habt, Ritter zu sein, dann geht doch nach Hause, sucht euch ein Stück Land und helft euren Eltern! Warum seid ihr hierhergekommen, wenn nicht, um einen Krieg zu führen? Denkt ihr etwa, dass mit Dämonen umzugehen, Kinderkram wäre?!“, rief der ältere Ritter wütend und fügte dann seinen Beleidigungen noch „Was für ein Haufen Nutzloser Bälger!“ hinzu. Die jungen Ritter konnten nur betroffen ihre Köpfe senken und auf den Boden blicken.

„…Dann haut doch ab!“, grunzte der Veteran verächtlich, setzte sich seinen Helm auf und wandte sich von seinen Schülern ab.

Diese hoben verwundert ihre Köpfe.

„Ihr seid nichts als ein Haufen von Heulsusen… Nehmt‘ eure Rüstung ab und geht nach Hause! Immerhin könnt ihr mich so nicht beim Kämpfen stören!“, murmelte der alte Mann und wandte seinen Blick wieder von ihnen ab. Sicher, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte, erlaubte er es, dass sich eine Spur von Erleichterung in seine Augen schlich.

‚Zumindest können sie so an meiner Stelle überleben.‘

Plötzlich ertönte der fürchterliche Klang von Kriegstrommeln, welcher einen jeden in Panik zu versetzten vermochte und zerbrach die vorrübergehende Stille wie ein aus dem Nichts auftauchender Blitz.

Die zweite Welle des Angriffs der Trolle auf die Stadt begann.

Die jungen Ritter blickten auf die Silhouette ihres Mentors, welcher mit einem Langschwert dastand und anschließend auf die Wellen an Trollen, welche auf die Stadtmauer zu schwappten. In neuer Entschlossenheit fassten sie sich ein Herz und ballten mit erstarktem Willen in den Augen ihre Fäuste. Jedoch gab es natürlich auch einige Ritter, welche dem Rat ihres Lehrers gefolgt waren, ihre Rüstung von sich geschmissen hatten und so schnell, wie ihre Beine sie trugen, von der Stadtmauer wegrannten.

………….

Mu Feng war einer von ihnen und hetzte aktuell panisch voran, während der Wind in seinem Rücken wütendes Brüllen, mehrfaches schmerzhaftes Aufheulen seiner Kameraden sowie böses Troll-Lachen mit sich trug. Diese Geräuschkulisse schienen seine Entscheidung, vor Beginn des Kampfes davonzulaufen, zu verhöhnen.

‚W-Worüber sorge ich mich eigentlich? …Mein Lehrer hat mir die Chance gegeben, zu entkommen! Ich gehöre da nicht hin! Ich bin dem Orden nur beigetreten, um meine Familie zu ernähren, aus keinem anderen Grund… Trolle sind einfach zu stark… Wie können wir nur gegen sie siegen? Ich habe definitiv nicht vor, mein Leben wegzuwerfen! Da mein Lehrer es war, der mir diese Chance gab, wird er doch sicher nicht dem Hauptquartier melden, dass ich desertiert bin, oder? Worüber sorge ich mich dann?‘

Mu Feng warf die Reste seiner Rüstung vom Körper, bedeckte seine Ohren und rannte mit all seiner Kraft, bis er in einer Straße ankam, die komplett menschenleer war.

‚I-Ich bin einfach nur ein F-Feigling! Ich bin weder so mutig noch dem Ritterschwur so ergeben wie die anderen… Aber ich habe eine kleine Schwester, die noch zur Schule geht und bin ihr einziger Verwandter! Was könnte sie überhaupt tun, wenn mir etwas geschehen würde?‘

‚Es tut mir leid, Meister, es tut mir leid, ihr anderen…‘

„Geehrter Herr, es tut mir leid, dass ich Sie störe. Aber könnten Sie mir bitte den Weg zum südlichen Stadttor weisen?“, unterbrach eine junge Stimme voller Höflichkeit seine Gedanken.

„Äh?“, brachte Mu Feng nur hervor, als er sich nach dem Ursprung der Worte umsah.

Das fahle Mondlicht fiel auf ein junges Mädchen, das ein Kleid im Gothic-Stil trug. Ihre Schönheit ließ sie wie das Produkt eines Traumes erscheinen; Ihr reines silbernes Haar, ihre zierliche und delikate Figur stand nur einige Schritte von ihm entfernt. Auf ihren Lippen trug sie die Spur eines höflichen Lächelns, doch waren ihre blutroten Augen wie stille Seen.

Erst nach einigen Sekunden hatte Mu Feng sich genug gefasst und war in der Lage, zu antworten und ihr mit einem Arm den Weg zu zeigen. „…Ähm, j-ja, n-natürlich…“, stotterte er und errötete.

„Ah, vielen Dank für Ihre Großzügigkeit. Ich bin mir sicher, wir werden uns eines Tages wiedersehen.“ Das silberhaarige Mädchen verbeugte sich dankend, auf ihren Lippen lag ein ruhiges Lächeln.

„…Hä? Wart- … Warte!“, rief Mu Feng, als er wieder zu Sinnen gekommen war, überrascht aus. „Kleine, sag mir nicht, dass du dahin möchtest…“ Doch als er sich nach seiner Warnung umdrehte, bemerkte er, dass an dem Ort, an dem das Mädchen noch vor kurzem gestanden hatte, niemand mehr war.

………….

„Greift an! Nehmt die Stadt ein!“, schrie sich der Dritte Bruder der Trolle die Seele aus dem Leib, seinen mächtigen Kriegshammer in Richtung der Stadtmauer schwenkend. Sein Blick fiel auf eine Leiter, welche an der Mauer lehnte. Dies versetzte sein Blut in Wallung und ließ in ihm den Wunsch aufsteigen, seine Untergebenen beiseite zu drängen und selbst in die Schlacht zu ziehen.

Die mit Blut gefüllte Luft hatte ihn in freudige Erwartung versetzt. „Aus dem Weg!“, rief er, während er sich durch die Menge an Troll-Soldaten drängte und seine Waffe gegen das schwer gebeutelte Stadttor schwang. „Öffne dich endlich!“

Mit einem tiefen Klang, welchen selbst Taube deutlich vernehmen konnten, hallte das Stadttor wider und ließ den gesamten Wachturm erzittern.

„Feuert mit der Anti-Dämonen-Balliste auf den Dämonen da! Und ihr, geht zum Stadttor! Lasst es nicht zu, dass sie durchbrechen!“, rief der Anführer der Ritter auf der Stadtmauer. Sein Blick war fixiert auf den Anführer der Trollarmee, der auf das Stadttor einschlug. „Was ist los?! Beeilt euch und feuert!“

Seinem vor Furcht ausgetrocknetem Mund entwichen einige Beleidigungen: „Ihr an der Balliste, seid ihr komplett unfähig?! Was dauert so lange?!“ Er sprang eine Leiter herab und blickte auf den Ort, an dem die Anti-Dämonen-Balliste stand. Schockiert musste er feststellen, dass dort kein Mensch mehr am Leben war. Die Überreste derjenigen, die die Waffe bedient hatten, waren zu Haufen an zerschmettertem Fleisch und zerbeultem Metall geworden.

„Hey! Suchst du etwa die hier?“, ertönte eine spöttische Stimme hinter seinem Rücken. Hastig wirbelte er herum.

Sein Blick fiel auf einen großen Troll-Soldaten, der in seinen Händen zahlreiche Menschenköpfe, von denen immer noch Blut tropfte, hielt. Ein selbstzufriedenes Lächeln lag auf den Lippen des Dämonen.

Der Anführer der Ritter blickte sich um, nur wenige Kameraden waren ihm geblieben. Seine Ohren vernahmen das wehleidige Klagen des zusammenbrechenden Tores und freudige Rufe der Troll-Armee. Nun erst realisierte er, was gerade geschah: Das südliche Stadttor war durchbrochen worden.


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