ATAPOW Chapter 59(German)

Kapitel 59 – Trink auch bloß sorgfältig!


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Kapitel 59 – Trink auch bloß sorgfältig!

Unter dem dunklen Nachthimmel wurde immer deutlicher, dass die Schlacht einseitig verlief. Rasendes Schreien und Brüllen erklang über der rauen und blutbedeckten Landschaft, während ein Ritter nach dem anderen, sie alle immer noch mit all ihrer Kraft die Mauer verteidigend, fiel.

…………….

In einem gewissen Raum in der Niederlassung des Ordens der Strahlenden Ritter in Grenzstadt:

„Was?! Immer noch keine Ausrück-Befehle? Warum? Je mehr Zeit vergeht, desto schlechter wird die Lage! Was möchten unser Vorgesetzte überhaupt damit erreichen, so lange zu verzögern?!“, rief ein großer Ritter, der in eine schwere Rüstung gehüllt war und zahlreiche Waffen trug, ungeduldig aus.

„Lass uns doch nur noch ein bisschen länger warten. Sie müssen sicher ihre Gründe dafür haben.“, entgegnete ihm ein anderer Ritter mit kurzen Haaren, der sich gerade auf sein Langschwert stützte. Da er seinen Kopf auf seine Hände gestützt hatte, war nicht zu erkennen, welchen Gesichtsausdruck er trug.

„Aber Hauptmann, dasselbe hast du doch auch schon vor ‘ner halben Stunde gesagt… Und es gibt immer noch nicht das geringste Anzeichen, dass sich was tun wird. Sind die Verantwortlichen etwa feiern gegangen? Warum gehen wir nicht als geschlossene Gruppe los und suchen den Komtur…“

„Das bringt doch nichts! Wenn er gewillt wäre, Verstärkungen zu schicken, dann hätte er es schon längst getan.“, warf ein Ritter ein, dessen Gesicht von einer Maske verhüllt war. „Warum sonst wartet er denn so lange?“ Mit diesen Worten schwang er seinen Meteorhammer1 ungeduldig umher.

„Also was dann?!“ Der große Ritter sprang ärgerlich auf. „Was solln‘ wir tun? …Es ist doch eigentlich schon zu spät und doch weigert er sich, uns loszuschicken! Sag mir bloß nicht, dass er etwa die Menschheit verraten möchte!“

„Lulan! Hüte deinen Mund! Ein Ritter darf nicht über seine Vorgesetzten lästern!“, maßregelte ihn sein Hauptmann, der immer noch auf sein Schwert gestützt dastand. Er hatte inzwischen seinen Kopf erhoben und trug einen strengen Blick zur Schau, während er seine Augen auf seinen Untergebenen richtete.

„A-Aber was können wir dann tun? Wir können doch nicht einfach hier bleiben und unsre‘ Kameraden an der Front sterben lassen, oder?! Hauptmann, sag doch was…“

„Ohne Befehle selbst zu handeln, verstößt gegen den Ritterschwur. Möchtest du etwa vor einem Tempelgericht landen?“, entgegnete der höherrangige Ritter mit ernstem Gesichtsausdruck.

„Aber… Hauptmann!“

„Jedoch…“, sagte der Hauptmann, bevor Lulan weiterreden konnte, „Wenn wir einfach nur zusehen sollten, wenn jemand in Gefahr ist, damit unsere Kameraden hintergehen oder gar die Sicherheit der Einwohner dieser Stadt aufs Spiel setzen, wären wir sowieso nicht geeignet, uns Ritter zu nennen. Ich denke, wenn unser verehrter Lord, der Strahlender Ritter, immer noch bei uns wäre, würde er auf unserer Seite sein.“

„Ihr alle, ich denke, dass ich dieses Mal ein „sündhafter“ Ritter sein werde. Wenn einer von euch das Risiko nicht auf sich nehmen möchte, kann er gerne hierbleiben.“

„Was sagst du, Hauptmann? Ich, Lulan, werd‘ dir überall hin folgen!“

Auch sein Kamerad, der seinen Meteorhammer immer noch schwang, blickte entschlossen in Richtung seines Vorgesetzten: „Auf diese Worte habe ich jetzt schon lange gewartet.“

„Also los! Wir haben schon zu lange gewartet!“, riefen nun auch alle anderen Ritter der Gruppe aus und nahmen ihre eigenen Waffen in die Hand.

„Leute… Vielen Dank.“ Sichtbar gerührt ließ der junge Anführer dieser Gruppe an Rittern, Landi, seinen Blick über seine Kameraden schweifen.

Anschließend nahm er einen Anhänger in Form eines mit einer Sonne verzierten Kreuzes2 aus einer Tasche und begann, leise zu beten: „Geehrter Strahlender Ritter, mögt Ihr auch nach eurem Tod Eure Anhänger segnen.“

…………….

„Hahahaha…! Aus dem Weg, bleibt bloß nicht stehen!“, rief der Dritte Bruder der Trolle freudig, als er sah, wie das Stadttor in Stücken zu Boden fiel. Sein Gesicht war zu einer manischen Grimasse geworden.

Schließlich war nun der Zeitpunkt gekommen, an dem er seinem Blutdurst, welcher sich seit über hundert Tagen angestaut hatte, freie Bahn lassen konnte.

Vorfreudig malte er sich aus, wie er die Knochen zahlreicher Menschen brach, wie er die Verzweiflung auf den Gesichtern dieser Würmer genießen konnte… Er fühlte seinen ganzen Körper, jede einzelne Zelle, in freudiger Erwartung schreien.

Mit diesem Dritten Bruder als ihrem Anführer ähnelte die Troll-Armee einem Haufen Piraten, welche es an Land verschlagen hatte. Jeder einzelne von ihnen triefte vor Blutdurst und Erwartung, als sie sich wie eine Welle an Heuschrecken durch Grenzstadts Stadttor ergossen.

Doch wurden sie urplötzlich von einer Sache aufgehalten:

Im schwachen Mondlicht erblickten sie eine große Knochensense in der Mitte einer Straße. Ihre Klinge hatte sich in den Boden gebohrt, sodass ihr Griff horizontal in der Luft hing. Auf diesem saß ein silberhaariges Mädchen, welches ein kurzes Kleid trug. Mit sorglos herunterbaumelnden Beinen hatte sie ihr Kinn auf ihre Hände gestützt und bedachte die Trolle vor sich mit einem ruhigen Blick.

„Wieso ist hier ein Kind? Wenn du klug bist, dann gehst du uns lieb aus dem Weg!“, rief der Dritte Bruder der Trolle dem Mädchen auf der Sense zu. Egal, wie schwer jemand von Begriff war, jeder konnte erkennen, dass die Kleine kein Mensch war. Und sein Bruder hatte ihm deutlich gemacht, dass er – wenn möglich – keine anderen Dämonen provozieren sollte.

„…Es ist wirklich eine Qual, sich mit euch wilden Barbaren zu befassen.“, schüttelte Bai Ji ihren Kopf und betrachtete den mit einem Kriegshammer bewaffneten Troll vor sich.

„Was?! Hah! Warte, bis ich dich zu Brei schlage! Du wirst nie wieder so frech sein können!“

Schon bevor das Mädchen ihren Mund geöffnet hatte, war er bereits tief enttäuscht davon gewesen, dass ihr Erscheinen sein Momentum aufgehalten hatte. Er hob seinen mächtigen Kriegshammer über seinen Kopf, stieß ein Knurren aus, ließ er Magie durch seinen Körper strömen und schwang seine Waffe auf die Kleine vor ihm herab.

Nur einen Sekundenbruchteil, nachdem der Troll sich entschlossen hatte, Bai Ji anzugreifen, nutzte diese ihre eigene Magie; Sie verwandelte sich in zahlreiche, kleine, blutrote Fledermäuse, die in alle Richtungen davonstoben.

„?! Ein Vampir?!“ Der Dritte Bruder erstarrte kurz. Doch bevor er auf diese Erkenntnis reagieren konnte, bemerkte er schon, dass seine Füße dem Boden verlassen hatten. Als er wieder zu Sinnen kam, sah er, wie die blutroten Fledermäuse sich in seiner ledernen Kleidung verbissen hatte und ihn in die Luft trugen.

„Scheiße! Was für verdammte Viecher sind das denn? Wieso kann ich sie nicht töten?!“ Seine Magie war zwecklos, vollständig unwirksam. Vielmehr saugten die kleinen Fledermäuse gar jegliche Magie aus seinem Körper.

Auch nicht erwartet hatte er, dass seine Worte dafür sorgen würden, dass die Fledermäuse ihn plötzlich losließen.

„Ahhhh!!…“, schrie er verzweifelt im freien Fall aus.

Bai Ji hingegen hatte sich bereits wieder an die Seite ihrer Sense begeben. Mit einem leichten Knacken materialisierte sie wieder ihre humanoide Form und zog die Klinge ihrer Waffe aus dem Boden. Anschließend blickte sie in Richtung des Dritten Bruders der Trolle, der immer noch herabfiel und leckte sich mit einem schelmischen Lächeln ihre Lippen.

Sie brachte ihre Sense an dem Ort in Stellung, auf den der Troll fallen würde. Die Klinge der Waffe zeigte nun nach oben.

Ein kurzes, schneidendes Geräusch ertönte. Dann verstummte jegliche Rufe des verzweifelten Trolls. Seine Troll-Soldaten trugen ihren Unglauben offen zur Schau.

Schließlich war im Laufe nur weniger Sekunden ihr Vorgesetzter, der zuvor noch laut gebrüllt und ihre Moral gestärkt hatte, von der massiven Sense aufgespießt worden. Zudem schien jene nun jegliche Flüssigkeit aus seinem Körper zu saugen.

Bai Ji hob ihre Waffe und schwang sie kurz, was die ausgetrocknete Leiche des Trolls von der Sense gleiten ließ. Mit leicht gerunzelten Brauen betrachtete sie ihre mit Blut bedeckte Klinge.

„Hey, bitte trink es auch sorgfältig auf! Ich habe keine Lust darauf, dass meine Haare schmutzig werden, nur da noch seltsame Körperflüssigkeiten an meiner Haarklammer kleben~“, warnte die Vampirin ihre Waffe und gab dieser einen leichten Tritt.


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  1. Ich denke, dass wahrscheinlich folgende Waffe gemeint sein dürfte: https://de.wikipedia.org/wiki/Liuxingchui
  2. Im Englischen war es ‚sun cross‘, also direkt übersetzt „Sonnenkreuz“. Das Problem ist dabei nur, dass ein Symbol mit diesem Namen mit alt-nordischem Ursprung heutzutage gerade von Rechtsradikalen genutzt wird und daher in gewissen Kontexten in Deutschland auch als verbotenes Symbol gesehen werden kann. Somit habe ich lieber eine andere Übersetzung gewählt (An sich wird das Symbol auch in positiveren Kontexten aktiv verwendet, aber ich wollte es hier lieber doch nicht verwenden).

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