ATAPOW Chapter 57(German)

Kapitel 57 – Das scheuert ein wenig


Previous Chapter|Index|Next Chapter

Kapitel 57 – Das scheuert ein wenig

Als die Klinge der massiven Knochensense durch die Brust des Trolls stieß, fingen die roten Ketten, die ihren Griff umwickelten, an, mit Lebenskraft zu pulsieren; Wie Adern, durch die Blut pumpt, wie ein Lebewesen, welches eine Delikatesse verzehrt. Leichte Spuren von Blut schienen in der Luft zu schweben.

Zur selben Zeit wie die Waffe zum Leben erwacht war, wurden die Augen ihres Opfers immer leerer; Eine endlose Leere erfüllte seinen Blick und sein Körper begann, auszutrocknen, immer mehr einer Mumie zu ähneln.

Mit einem schabenden Geräusch zog Bai Ji die Sense aus dem vertrockneten Rest dessen, was einmal der rothaarige Troll gewesen war. Einige letzte Bluttropfen, die an der Klinge klebten, wurden alsbald von dieser absorbiert. In einem letzten Anzeichen an Leben strahlten die Ketten um den Griff der Waffe blutrot auf. Doch hielt dies nicht lange an, es wirkte, als würde sich die Sense damit kurz für die Mahlzeit bedanken, bevor sie wieder verstummte.

„Auch wenn das Blut von Trollen widerlich ist, war doch zumindest in diesem Exemplar die Spur einer Heiligen Quelle. Bist du nun zufrieden?“, fragte Bai Ji ihre Waffe leise, während diese schrumpfte, bis sie zu einer Haarklammer in Form eines Fangzahnes geworden war. Nachdem sie diese an ihren Haaren befestigt hatte, winkte die Vampirin mit ihren Händen. Ihre Fledermäuse reagierten sofort und begannen, den mumifizierten Trollkörper, den sie noch hielten, einige Male in der Luft hin und her zu schwingen. Als sie genug Kraft angesammelt hatten, ließen sie die Leiche los, was diese wie einen Haufen Müll in die Dunkelheit der Nacht schleuderte.

Bai Ji blickte nun zu Xiaosha, welche sie immer noch in ihren Armen hielt, um sich zu versichern, dass sich die Neko im vorherigen Kampf nicht verletzt hatte. Anschließend trug sie sie langsam zum Boden.

Xiaoshas Zustand war während alledem, was geschehen war, stabil geblieben. Und doch hatte sich nicht für eine einzige Sekunde der überrascht-schockierte Ausdruck, der ihr Gesicht im Griff hielt, gelockert. Zum Teil war dies sogar wirkliche Überraschung, aber ein großer Anteil dessen war nur ein Schauspiel. In Situationen wie der, in der sie gerade war, war es stets am nützlichsten, so zu tun, als ob man jemand Unwissendes war, um das eigene Leben zu retten. Da die Neko die Worte des Anführers der Trolle auch gehört hatte und persönlich sein Leid, seine Verzweiflung, seinen Niedergang bezeugt hatte, wollte sie nicht, nicht im Geringsten irgendwas riskieren, was die junge Vampirin verärgern würde.

Erst, als der ‚Kampf‘ geendet hatte, hatte Xiaosha es überhaupt gewagt, sich zu bewegen. Sie begann, leicht zu zappeln. Schließlich trug die Silberhaarige, welche quasi gleich groß wie sie selbst war, sie immer noch wie ein Kind in ihrer Umarmung.

„Ähmm… Ent-Entschuldigung… Geehrte Vampirin? Es scheuert ein wenig, könntet Ihr mich bitte etwas anders halten?~“, bat die Neko ihre Retterin unterwürfig.

‚Ahh, das ist nicht gut… Ich möchte sowas eigentlich nicht sagen. Aber… Ich muss mich auch um mich selbst kümmern. Warum ist die Brust dieses Mädchens überhaupt so hart? Trägt sie etwa eine Stahlplatte unter ihrer Kleidung?‘

Kaum hatte Xiaosha ihre Frage gestellt, erklang in ihrer Nähe ein lauter Knall. Auch schien die Spur einer leisen Stimme ihre Katzenohren zu streifen.

„Hä?“, blickte sich die Neko verwirrt umher. Sie sah nur die tiefste Schwärze der Nacht.

‚Niemand…? Aber woher kam dann die Stimme?‘

„Ähm… Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich, als sie den aktuellen Blick der Vampirin bemerkte. „Ihr Gesichtsausdruck sieht nicht gerade gut aus…“ Xiaosha zog aus Angst ihren Kopf ein.

„Haha.“, lachte die Silberhaarige nur. ‚…Also was soll ich tun? Sie runterwerfen, sodass sie zur Katzen-Pflunder wird? …Lieber nicht, ich darf meine Beherrschung nicht verlieren! Wie könnte eine Dame mit Selbstbeherrschung, wie ich eine bin, so engstirnig sein?‘

„Ähm… Seid Ihr wütend?“, fragte Xiaosha in einem Versuch, einen Überblick über ihre Lage zu kriegen.

„Wieso denn~ Wieso sollte ich wütend sein?“, lächelte Bai Ji zurück.

„Aber… Ihr Mund hat gezuckt.“

„…Oh~ Wie beunruhigend.“, senkte die Vampirin ihren Kopf. Mit einem Düsteren Ausdruck auf ihrem Gesicht überlegte sie, ob sie diese nutzlose und diebische Neko nicht einfach loslassen sollte. So könnte sie wenigstens dieses Problem loswerden.

„Also schön~ Da ich dir so viel geholfen habe, denkst du nicht auch, dass ich mir eine Belohnung verdient habe?~“ Bai Ji leckte sich über die Lippen und brachte ihr eigenes Gesicht dem von Xiaosha näher.

„Ähh? Eine Belohnung…?“

„Natürlich~ Wir Vampire haben doch noch nie etwas ohne Gegenleistung getan~“, lächelte die Vampirin und hob Xiaoshas Kinn mit einer Hand.

„Wieso nicht das hier: Du musst mich nur eine Mahlzeit geben… Also, was sagst du dazu?~“, sprach sie und zeigte der Neko ein listiges Lächeln, welches ihre scharfen Eckzähne entblößte. Gleichzeitig füllte ein leichtes Leuchten ihre blutroten Augen.

„Ähhhh….“ Mit schwacher Kraft versuchte Xiaosha, ihren Körper zu einer Kugel zusammenzukrümmen, was sie wie ein erschrecktes Eichhörnchen wirken ließ.

„Hmpf~!“ Bai Jis fühlte einiges an Erleichterung, als sie die Reaktion der Neko sah. Obwohl sie aktuell sehr hungrig war, würde sie niemals jemanden zu so etwas zwingen. Sie hatte die Kleine in ihren Armen doch sowieso nur etwas einschüchtern wollen.

Ihre schwarzen Flügel zusammenfaltend, landete sie nahe dem Gebüsch, in dem sich die Gruppe um Lin Tuo versteckt hatte und entließ Xiaosha in die Freiheit. Huo Lei trat ihr umgehend entgegen, um die kleine Neko zu empfangen.

Bai Ji ließ ihre Augen über die Versammelten wandern. Nach nur kurzer Zeit kam sie in Kontakt mit Lins Blick. Zwei Paare blutroter Augen verengten sich, für einen Sekundenbruchteil fest aufeinander gerichtet. Doch der Moment zerbrach, als Bai Ji ihren Blick abwendete, ihre Flügel wieder entfaltete und sich in den Nachthimmel erhob.

„Äh? Sie haut einfach so ab? Ohne sich vorzustellen oder so? …Wobei… Wer ist sie überhaupt?“, fragte Huo Lei verwirrt in die Gruppe, während er sich am Hinterkopf kratzte. Sein Blick fiel auf Lin, welcher der Silhouette der anderen Vampirin immer noch mit ihrem Blick folgte.

„Hmm… Also selbst die geringen Erfahrungen, die ich über die Jahre meines Lebens angesammelt habe, sagen mir, dass sie eine Person ist, deren zukünftigen Handlungen definitiv die Welt erschüttern werden!“, sprach Pian Zi mit einem überheblichen Blick. Er hielt immer noch einen Schachtelhalm in seinen Händen und wedelte ihn umher.

„Ha… Kommunizieren alle Vampire so? Könnt ihr euch nur mit Blicken verständigen…?“, äußerte sich auch Lin Tuo mit Blick auf die Vampirin ihrer Gruppe.

„Hä? Was meinst du damit? Und, Herr Lehrer, ist das Mädchen auch Mitglied unseres Ordens?“, fragte Huo Lei, immer noch nicht in der Lage, sich einen Reim auf die Situation zu bilden.

„Nein, wahrscheinlich nicht. Zumindest habe ich sie noch nie gesehen“, murmelte sein Lehrer zu sich selbst.

„…Das ist doch jetzt auch egal!“, schüttelte Lin ihren Kopf. „Ich werde mal nach unserer Kakerlake suchen“, fügte sie dem hinzu und entfaltete ihre eigenen Flügel.

„Ji Bai…“, brachte nun auch Ke’er hervor. Sie versuchte, aufzustehen, scheiterte jedoch daran; Da sie so lange festgebunden gewesen war, hatte sich der Blutfluss zu ihren Beinen immer noch nicht stabilisiert. So taumelte sie und fiel wieder zu Boden.

„Keine Sorge, Kakerlaken können alles überleben“, versuchte Lin, sie zu beruhigen. Anschließend kehrte sie den anderen den Rücken zu und flog los. Die verfallenen Reste des ehemaligen Gebäudes waren ihr Ziel.

……………

Es war schon mitten im Winter, also wehte eine eisige Brise durch die Stadt. Wen sie im Gesicht traf, konnte nicht anders, als zu versuchen, die unerträglichen Schmerzen der Kälte zu ertragen.

Und auf der massigen Stadtmauer von Grenzstadt war dieser Wind zum Zeichen des Endes zahlreicher Leben geworden.

„Zhan, Junge, bleib dran! Verstärkungen vom Hauptquartier werden bald eintreffen! Wir werden siegen, solange wir nur durchhalten! Wir werden bald wieder unsere Familien treffen können!“ Blutspritzer, welche trotz der eisigen Temperaturen noch nicht getrocknet waren, bedeckten jeden einzelnen Stein der Mauer. Gleichsam lagen auf ihr zahlreiche zerfetzte Körper, so schwer zugesetzt, dass man ihre ursprüngliche Form nicht einmal mehr erahnen könnte. Doch der eisige Wind blies gnadenlos weiter. Und auch dort wo das Blut getrocknet war, wäre ein einem jeden Beobachter klar, dass an diesem Ort vor nicht allzu langer Zeit ein tödlicher Kampf getobt hatte.

Einige junge Ritter in schwer zugesetzten Rüstungen sammelten sich um eine Decke, auf der einer ihrer Kameraden lag. Es war offensichtlich, dass es mit ihm zu Ende ging.

Der Körper dieses Ritters namens Zhan klammerte sich nur noch mit letzter Kraft ans Leben. Dort, wo einmal ein unverletzter Oberkörper gewesen war, hingen nur noch Fleischfetzen herab. Und doch atmete er immer noch. Und doch hatte er es bis jetzt noch geschafft, ein wenig, einige wenige Augenblicke weiter zu leben.

„H-… Hauptmann1?“, fragte Zhan mit schwacher, zitternder Stimme. Sie klang wie eine Flamme ohne Brennstoff, welche inmitten eines Sturmes am Erlöschen war.

„Bleib einfach liegen und streng dich nicht an“, antwortete ihm ein älterer Mann mit schwerer Stimme. Er kniete vor seinem Untergebenen und trug einen gezwungen-schmerzerfüllten Ausdruck auf seinem Gesicht.

„Li, Zhao, Jungs. Bringt Zhan zum Sanitäter. Überlasst das hier mir.“, gab er zwei seiner Ritter einen Befehl und setzte sich seinen Helm vorsichtig wieder auf. Anschließend ließ er seinen Blick über die Masse an großen, kräftigen Silhouetten am Fuße der Mauer schweifen.

„Nein!“, rief Zhan mit all seiner übrigen Kraft. „Ohne Befehl vom Hauptquartier darf sich ein Ritter nicht von der Front entfernen!“ Er griff nach seinem Schwert und versuchte, trotz aller Versuche seiner Kameraden, ihn davon abzubringen, aufzustehen.

„Lass es, Junge! Vergiss deine alte Mutter nicht. Was soll sie nur tun, wenn dir was zustoßen sollte?!“, maßregelte ihn sein Vorgesetzter.

„Ehrlichkeit, Tapferkeit, Gerechtigkeit, Opferbereitschaft und Ehre…“, brachte Zhan mit schneebleichem Gesicht vor. „Das alles habe ich geschworen, als Ritter einzuhalten und mit meinem Körper diese Stadt zu verteidigen. Hauptmann, ihr anderen, wir alle haben diesen Schwur geleistet.“ Sein schwer malträtierter Körper wankte und frisches Blut tropfte auf seinen Mantel, der ihn als Ritter des Ordens der Strahlenden Ritter kennzeichnete. Seine Kleidung, von einem hellen Kreuz verziert, färbte sich immer tiefroter. Und doch trug sein Blick einen festen, unbeugsamen Willen zur Schau.

……………

In einem warmen, gemütlich in einem westeuropäischen Stil eingerichtetem Raum hing das Emblem der Strahlenden Ritter an der Wand.

„Geehrter Komtur! Die Ritter an der Front berichten, dass die Trolle bald durch die Stadttore brechen werden und wir uns nun an einem kritischen Punkt befinden! Sie bitten, nein, flehen um Unterstützung!“, brachte die zitternde Stimme eines knienden Ritters hervor.

„Mhm? Es ist noch nicht viel Zeit vergangen und schon würden sie durchbrechen? Sind die Wachen auf der Mauer etwa ein Haufen Schwächlinge? Oder haben sie etwa den Schwur, den sie geleistet haben, vergessen? Fliehen sie schon, anstatt die Stadtmauer zu bewachen?“ Lan Yu kreuzte seine Beine. „Mir egal. Sag ihnen, dass sie nur noch ein wenig länger standhalten müssen.“, sprach er ohne jede Hast, während er eine Erdnuss pellte.

„Aber…“

„Verschwinde! Ich als dein Vorgesetzter habe mir schon einen eigenen Plan gefasst. Oder denkst du etwa daran, in Kriegszeiten Anweisungen zu missachten?“, drohte er seinem immer noch knienden Untergebenen mit wütendem Blick.

„Verstanden, Sir…“


Previous Chapter|Index|Next Chapter

  1. Ich habe mich schon ein wenig schwer getan den Begriff ‚Captain‘ in eine passende deutsche Bezeichnung zu übersetzten. Zwar ist ‚Hauptmann‘ die direkte Entsprechung des Begriffes, aber ich wollte erst nochmal nachsehen, ob dieser Begriff auch im Mittelalter verwendet worden war. Schließlich hatte ich mich dafür entschieden, die Ränge der Ritterorden dieser Geschichte mit ihnen entsprechenden Rängen des Deutschen Ordens zu übersetzten. So oder so passt Hauptmann hier rein und ist ein Begriff, der schon im späten Mittelalter genutzt worden war. Also in der Zeit, in der Ritterorden noch einiges an Land beherrschten hatten.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Mythologies Translation