Kapitel 60 – Der Herabstürzende Tod
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Kapitel 60 – Der Herabstürzende Tod
Angst und Wut ergriff die Trolle und befeuerte ihre Moral. „Angriff, Kameraden! Für den Gott des Krieges, Prag1!“ Selbst der tragische Tod ihres Anführers wollte ihre Blutlust nicht stoppen. Als eine Spezies, deren Mitglieder als ‚barbarische Monster‘ bekannt waren, waren sie auch deutlich furchtloser als andere intelligente Wesen.
Sie folgten alle den Lehren ihres verehrten Urahnen: Prag. Dessen Worten nach wurden Leben und Tod frei von den Mächten des Himmels bestimmt und Rüstung nur etwas für Schwächlinge. Entweder jemand starb auf dem Schlachtfeld oder verließ es triumphierend. Diese Vorstellungen waren es, denen ein Troll entsprechen sollte.
„Anhänger des Kriegsgotts, lasst alle die Trommeln Prags hören! Lasst diese Töne jegliche Angst zu Nichts verbrennen!“ Jegliche Furcht, die in den Troll-Soldaten aufgestiegen war, wurde innerhalb kürzester Zeit zu unendlichem und undbändbarem Kampfgeist. Die Augen aller Trolle sahen nur noch rot, sie schwangen ihre Waffen und brüllten.
„Nun wirklich, was für ein nerviger Haufen an furchtlosen Barbaren.“, runzelte Bai Ji leicht die Stirn, als sie dies erblickte. Anschließend schwang sie ihre Knochensense wie beiläufig in Richtung der ihr nächsten Trolle. Die Leiche desjenigen, die ihre Waffe durchbohrt hatte, zog sie an sich heran und flößte dieser mit ihrer kleinen Hand einen Ball ursprünglicher Magie ein.
Hiernach drehte sie ihre Sense und warf den mumifizierten Körper in Richtung der anderen heranstürmenden Trolle.
[Stil der Lasombra – Leichenbombe]
In einer gewaltigen Mischung aus Blutrot und Schwarz explodierte die Leiche in der Mitte einer Gruppe von anderen Trollen. Bevor diese verarbeiten konnten, was geschehen war, wurden sie schon in alle Richtungen davongeschleudert. Das Letzte, was ihre Augen erblickten waren ihre eigenen, blutspuckenden Unterkörper.
„AHHHHH!“ Vom Adrenalinrausch überwältigt achteten die Kameraden der Verstorbenen nicht auf das Blutbad, welches sich vor ihren Augen abgespielt hatte und stürmten, ihre Streitkolben gegen die kleine Vampirin schwingend, weiter auf Bai Ji zu.
Diese lehnte sich leicht nach vorne und wehrte einige Trolle mit ihrer Waffe ab. Mit nur einer Hand an dem Griff ihrer Sense zog sie einen weiteren Gegner an sich heran und flößte diesem einen weiteren Ball ursprünglicher Magie ein. Anschließend schwang sie ihre Waffe und trat dem unglücklichen Troll gegen den Oberkörper.
Sein darauffolgender Flug schmetterte einige seiner Kameraden zu Boden, welche von der folgenden, dunkel-roten Explosion erfasst wurden.
„Miststück!!“, schrien die restlichen Trolle. Es war nicht ersichtlich, ob sie Angst in den Wahn getrieben hatte, oder, ob sie jene Emotion einfach nicht mehr fühlen konnten. So oder so ignorierten sie die beiden magischen Attacken, welche ihre Anzahl stark reduziert hatte und stürmten weiter voran. Das Blut ihrer Kameraden, welches an ihnen klebte, komplementierte den Wahnsinn in ihren Augen perfekt.
„Wie barbarisch und primitiv…“, kniff Bai Ji verächtlich ihre Augen zusammen, als sie die Spritzer an Troll-Blut sah, welche auf sie gefallen waren. Sie schwang ihre Knochensense in einem weiten Kreis um sich herum und köpfte mit äußerster Präzision viele weitere Trolle.
Und doch mixte sich eine Spur an Respekt in ihre blutroten Augen, als sie die weite Masse an weiteren Troll-Soldaten, die sich auf sie zubewegte, betrachtete.
Dass Ameisen einen Elefanten zu Tode beißen, war ein Phänomen, welches nur in Fiktion geschehen konnte. In dieser Welt war es nichts mehr als ein verzweifelter Traum, mit Quantität gegen Qualität zu siegen. Besonders galt dies für die Machtunterschiede zwischen verschiedenen Dämonenspezies.
Sorgfältig schlug Bai Ji die Klinge ihrer Waffe auf den Boden, bis diese dort feststeckte. Anschließend erklomm sie den Griff der Sense und platzierte sich neben den Ansatz der Klinge. Bevor die umherstehenden Trolle sie ihren Waffen angreifen konnten, entfaltete sie ihre Flügel und flog in dem dunklen Nachthimmel empor.
„Hä?! Was soll das?!“, wunderten sich die Trolle, als sie zusahen, wie die Vampirin immer und immer höher flog, bis sie zu einem kleinen Punkt am Himmel geworden war.
‚Rennt sie etwa weg?? Aber warum hat sie ihre Waffe hier gelassen?`
………………
„Meister, seid ihr in Ordnung?“; rief einer der wenigen verbleibenden, immer noch verzweifelt, in die Ecke gedrängt auf der Stadtmauer kämpfen Ritter und half seinem Vorgesetzten, welcher von Kopf bis Fuß mit Wunden übersäht war, auf die Beide. Der alte Veteran wirkte so, als könnte er jederzeit das Bewusstsein verlieren.
„Mir geht’s gut! Ich habe nur einen Arm verloren, mehr nicht. Es wird wahrscheinlich nur ein wenig schwieriger sein, wenn ich mich mal kratzen muss.“, meinte der alte Mann nur, während er, auf seine Waffe gestützt, mühsam dastand. Sein linker Arm war an seiner Schulter abgetrennt worden und hatte eine schrecklich aussehende und schwer blutendende Wunde hinterlassen.
„Meister… Wir haben verloren.“, brachte sein jüngerer Begleiter mit zitternder Stimme vor, als er die bösartigen Trolle sah, welche sich langsam auf sie zu bewegten.
„Haa…“ Der ältere Ritter blickte auf die stark geschrumpfte Anzahl seiner Schüler, die hinter ihm standen… Seine Schüler-… Nein! Sie waren Ritter, Ritter, die entschlossen waren, diesen Ort bis zum Tode zu verteidigen!
Ihm kam in diesem Augenblick niemand in den Sinn, der diese Bezeichnung mehr als sie verdient hätte.
Seine eigenen Augen wurden fast von Müdigkeit überwältigt. Und doch wagte er es nicht, seinen Blick zu senken. Auf dem blutigen Boden würde er zu viele ihm bekannte Gesichter erblicken. Ihm kam es fast vor, als könnten sie sich jeden Augenblick wieder erheben, als wäre nichts geschehen.
‚Zumindest habe ich bis zum Schluss die Mauer zusammen mit ihnen verteidigt. Wir alle haben also dem Ritterschwur gefolgt, oder? Nicht wahr, verehrter Strahlender Ritter…?‘
„…?! Meister, seht! Was ist das…?“
„Hmm??“ Als der Veteran dem Blick seines Schülers folgte, erblickte er etwas, was sein Blut gefrieren ließ.
Im Nachthimmel hing in einiger Entfernung eine Silhouette. Ihr delikater und kleiner Körper, ebenso ihr im Wind wehendes, silbernes Haar war vom Halbmond erleuchtet und ließ sie wie ein Engel, ein makelloses, heiliges und reines Wesen, erscheinen.
Doch verrieten ihre schwarzen Flügel und ihre kalten, anteilslosen Augen, ihre wahre Natur: Sie war ein Dämon. Die Ritter erschauderten.
„E-Ein Vampir?!“, rief der ältere Veteran verzweifelt aus.
Das Mädchen blickte nicht in ihre Richtung. Stattdessen waren ihre Augen auf etwas unter ihr fixiert. Ihre Flügel flatterten einmal kurz und ein helles Leuchten füllte ihre blutroten Augen.
Ein Mantel aus pech-schwarzen Flammen, passend zu ihren dunklen Flügeln, legte sich um ihren Körper. Und wie der personalisierte Tod stürzte sie in Richtung Boden.
………………
„…Scheiße! Was ist das?!“, fragten sich die verunsicherten Troll-Soldaten, nachdem das Mädchen im Himmel verschwand und plötzlich der Tod auf sie zu zustürzen schien. Die ursprüngliche Magie der Vampirin ließ jeden einzelnen von ihnen in extremste Panik verfallen.
Die tödliche Erscheinung verdeckte nun auch das Licht des Mondes. „Weg! Rennt!!“ Ihre Aura ihrer Magie, ebenso wie ihre mächtige Erscheinung zerschmetterte auch die letzten Reste an Mut, die die Trolle gehegt hatten.
Doch gerade, als sie wie eine Herde wilder Tiere auseinanderstoben wollten, wollten ihre Körper ihnen nicht mehr gehorchen. Ohne, dass sie es bemerkt hatten, hatten sich blutrote Ketten um sie gewickelt und hielten sie nun fest. Diese Fesseln waren mit der Knochen-Sense, welche die Vampirin zuvor zurückgelassen hatte, verbunden.
„Was…!?“, verzweifelten die Todgeweihten. Ihre Beine gaben nach und zwangen sie dazu, kraftlos auf dem Boden zu knien. Fast war ihnen so, als ob sie die Sense höhnisch lachen hören konnten.
Immer noch näherte stürzte sich ihnen der Tod vom Himmel entgegen. Als Bai Ji den Boden erreichte, kehrte für eine kurze Zeit Stille ein. Doch dann…
[Stil der Lasombra – Der Herabstürzende Tod]
Wilde, schwarze Flammen schrien auf und verschlang die Troll-Armee. Als sie verschwanden, war von den Trollen nicht einmal mehr Leichen übrig; Nur zahlreiche blaue Seelen, die aus allen Richtungen von einem menschlichen Schäden am Griff der Knochensense angezogen und absorbiert wurden, waren zu sehen.