Kapitel 64 – ~Brenne, mein Cosmo!
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Kapitel 64 – ~Brenne, mein Cosmo1!
Am östlichen Stadttor:
Der Wind trug den leichten Geruch von Blut mit sich.
Und auf den Wachturm des Stadttores erreichte der wilde Kampf zwischen Rittern und angreifenden Dämonen seinen Höhepunkt.
Die hilflosen und im Stich Gelassenen Ritter, welche bis jetzt ihre Position verteidigt hatten, standen vor dem vollständigen Zusammenbruch.
„Los! Runter mit den Leitern! Lasst sie nicht auf die Mauer kommen! Zielt mit der Balliste2 auf ihre Belagerungswaffen!“
Der Hauptmann der Mauerwache zerrte die Leiche eines seiner Kameraden zur Brustwehr der Mauer. Dort warf er sie die angelehnte Belagerungsleiter herab, was die gerade hinauf kletternden Troll-Soldaten runterfallen ließ. Der tote Körper prallte mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
Diese Chance nutzte der Hauptmann aus, indem er die Leiter von der Mauer wegstieß.
„Das sieht schlecht aus…Ich kann nichts anderes mehr machen, als selbst eure Überreste als Waffe zu nutzen. Es tut mir leid, meine Brüder, mögt ihr Frieden im Jenseits finden.“
Außergewöhnlichen Situationen forderten außergewöhnliche Maßnahmen. Auch wenn ihn, was er tat, anwiderte, so stand trotzdem das Schicksal von ganz Grenzstadt auf dem Spiel. Er konnte es sich nicht leisten, wählerisch zu sein.
Der einzige Grund, wieso er und seine verbliebenen Untergebenen noch ihre Position halten konnten, war, dass sie es keinem einzigen Feind gestattet hatten, die Mauer zu erklimmen. Solange nicht mehr als drei Trolle zur gleichen Zeit die Brustwehr überwanden, würden die Ritter nicht niedergemetzelt werden.
Die Kluft an Stärke zwischen Menschen und Dämonen war wirklich nur schwer zu überwinden.
Die Ritter auf der Mauer konnten nichts Weiteres tun, als zu verhindern, dass Trolle ihre Verteidigungen überwanden.
„Hauptmann! Hauptmann!“, stieß ein blutüberströmte Ritter aus, als er – sich nur mit äußerster Mühe auf den Beinen haltend – auf seinen Vorgesetzten zu stolperte.
„Was machst du? Warum bist du hier und nicht auf deinem Posten!?“, tadelte der Hauptmann sein schwer keuchendes Gegenüber.
„Hauptmann… Es bringt nichts mehr. Das Stadttor wird jeden Augenblick durchbrochen! Wir sollten uns beeilen und abhauen, solange es noch geht!“, brachte der andere Ritter nur hervor.
„Mumpitz!“, rief der Hauptmann aus. „Wenn wir jetzt fliehen sollten, überlassen wir die Einwohner der Stadt dem Tod! Unsere Familien sind doch auch unter ihnen!“ Mit beiden Händen ergriff er die Schultern seines Untergebenen und schüttelte diesen. „Und fliehen? Wo können wir überhaupt hin, ohne einen offiziellen Befehl erhalten zu haben?“ Der Teil seines Gesichtes, den man unter seinem Helm sehen konnte, war vor Wut rot angelaufen.
„Aber…“
„Scheiße! Hauptmann! Eine Gruppe von Dämonen nähert sich dem Stadttor aus Richtung des Stadtzentrums!“, rief ein Kundschafter, welcher schwer außer Atem zum Stadttor gerannt war, aus.
„Ich weiß, ich weiß! Die sind doch überall auf der anderen Seite der Mau-… Was?!“ Der Hauptmann blickte seinen Untergebenen ungläubig an. „Was hast du…?“ Mit aller Kraft wünschte er, dass der Wind ihn die Worte des Kundschafters missverstanden hatte lassen. „Wo sagst du kommen die Dämonen her?!“
„Eine Gruppe schwer ausgerüsteter Dämonen! Sie eilen von innerhalb der Stadt hierher…“ Spuren von Hoffnungslosigkeit ließ die Stimme des Kundschafters schwinden.
Der Hauptmann der Mauerwache erstarrte kurz und stieß beide andere Ritter vor sich zur Seite. Anschließend blickte er in Richtung der Innenstadt. Angst wallte in ihm auf und ließ seine Beine nachgeben und ihn auf den Boden stürzen. Sein Gesicht war eine Maske der unendlichen Furcht. Jede Hoffnung schien ihm verloren.
Direkt unter ihm… Die Dämonen waren schon an der Stadtmauer angekommen.
‚Rote Teufel, Skelette und sogar böse Geister…? Was ist hier los? Haben die Dämonen etwa eine gemeinsame Armee gebildet?!‘
Er war vollständig am Boden gestört. Seiner Kehle entsprang ein langgezogenes Wehklagen. „Wir haben nicht mal genug Ritter hier und doch müsst ihr uns umzingeln?! F*ckt euch und f*ck Gott! Ich werde sichergehen, mich im Leben nach dem Tod an euren Vorfahren zu rächen! Hört ihr mich?? F*ickt euch!“
„Hauptmann? Was sollen wir nun tun?“
„Hauptmann, ich bin schon alt, aber habe noch nie so eine Anhäufung an Dämonen-Spezies gesehen…“
„Als ein Veteran hunderter Schlachten musst du doch auf dem Schlachtfeld genug Gewalt gesehen haben, oder? Es muss doch sicherlich einen Ausweg geben!“
„Hauptmann, was sollen wir tun?“
Dieser ließ die Augen über seine Untergebenen schweifen. Sie alle trugen eine tödliche Blässe im Gesicht, einen Ausdruck vollständiger Todesangst. Er zündete sich eine letzte Zigarette an.
„Wir warten auf den Tod. …Was können wir sonst tun? Denkt ihr etwa, dass wir mit ihnen einfach logisch argumentieren können? Das bringt nichts! Dämonen nehmen keine menschlichen Gefangenen!“ Hoffnungslos blickte er in den Himmel und stieß einen Ring an Rauch aus.
„Aber? Aber…“
„Nichts ‚aber‘! Es macht keinen mehr Sinn mehr, zu kämpfen, wenn die Dämonen uns schon umzingelt haben! Auch wenn wir versuchen sollten, wegzurennen, werden sie uns auf jeden Fall einholen. Wir können nur noch auf unseren Tod warten!“
Gerade, als vollständige Hoffnungslosigkeit das Gesicht aller Ritter zu Todesmasken werden ließ, wehte ein starker Wind über all das Blut, alle Spuren der Gewalt. Wie eine Antwort darauf erklang bald eine Reihe an klaren, geordneten Schritten, die sich langsam näherten.
Niemand kann dem Schicksal entfliehen; Was geschehen muss, wird auch geschehen.
Als erstes traf ein Mädchen mit pechschwarzen Hörnern, das einen feurig roten Pferdeschwanz trug, an der Stadtmauer ein. Sie trug ein schweres Langschwert in einer Hand und einen ernsten Ausdruck auf ihrem Gesicht.
Doch was den Hauptmann der Mauerwache überraschte, war, dass die Gruppe an Dämonen einheitliche Kleidung trug. Statt wie eine gemeinsame Allianz verschiedener Dämonen wirkten sie vielmehr wie Mitglieder einer gemeinsamen Organisation. Vielmehr – trügten ihn seine Augen etwa? – wirkten ihre Kleidung, wirkten ihre Waffen wie Imitationen der Ausrüstung offizieller Ritterorden.
Doch er unterbrach seine Gedanken mit einem niedergeschlagenen Lächeln. Irgendwie kam er nicht umhin, sich selbst dafür zu komplimentieren, dass er so kurz vor seinem Tod noch über derartig nebensächliches nachdenken konnte.
‚Also schön… Dann mal los! Je schneller ich sterbe, desto schneller werde ich reinkarnieren… Wenn ich daran denke, werden mich viele Kameraden in den Tod begleiten… Niemand von uns wird heute lebend entkommen…‘
Der Hauptmann lehnte sich gegen die Brustwehr der Mauer und zog genüsslich an seiner Zigarette.
‚Immerhin kann ich zumindest das hier noch genießen, bevor ich diese Welt verlasse…‘
Die Rothaarige, die die Gruppen an Dämonen anführte, ließ ihren Blick über das Stadttor und dessen Wachtürme schweifen. Sie schien die Situation einzuschätzen. Ihre Augen verengten sich, als sie auf die hoffnungslose, der Verzweiflung ergebene Gruppe an Rittern fiel,
„Seid ihr die Ritter, die diese Mauer bewachen?“
Mit der Gelassenheit eines Menschen, der bereits aufgegeben hatte, nahm der Hauptmann einen weiteren Zug von seiner Zigarette. Währenddessen waren seine Untergebenen von der Szenerie, die sich ihnen bot, überwältigt. Noch nie hatten sie etwas so furchterregendes wie eine Versammlung so vieler unterschiedlichster Dämonen gesehen. Die Frage der Rothaarigen blieb unbeantwortet.
Dies ließ sie leicht ihre Stirn runzeln. „Meine geehrten Herren, bitte antwortet mir doch.“
„Wie nervig!“, meinte der Hauptmann der Mauerwache nur, „Kannst du mir nicht wenigstens einen schnellen Tod gönnen? Also…“ Er blickte zu der Rothaarigen, welche die gleiche schwarze Robe trug wie auch der Rest ihrer Gruppe. „Los, beeil dich doch!“
„???“ Verwirrung blitzte in ihren Augen angesichts der Worte des Ritters auf.
„Wie auch immer… Die aktuelle Lage ist sehr kritisch.“, meinte die Rothaarige, als ihr Blick auf die Troll-Soldaten fiel, die die Mauer erklommen. „Leute, seid bereit…“ Ihre Hand ballte sich um ihre Waffe.
„Verstanden.“
„Sterbt!“
„Für Ehre!“
Zahlreiche Schwerte wurden geeint gezogen, schwarze Roben tanzten im Wind. Mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht preschte die gesamte Gruppe vorwärts. Vorwärts, in Richtung der Trolle.
‚Und das wird nun mein Ende sein?‘, fragte sich der Hauptmann der Mauerwache, als er einen weiteren Schwall Rauch ausstieß und seine Zigarette auf den Boden warf. Doch überraschte ihn bald, dass die Gruppe an Dämonen, die sich auf ihn zubewegt hatte, an ihm vorbeigeoprescht war.
‚Hä? Halluzinationen? Hat da etwa ein kleiner Dämon eine PSP in der Hand?‘
‚Also, es muss eine Einbildung sein… Ein Dämon würde sich niemals für etwas, was Menschen geschaffen haben, interessieren! Das ist unmöglich!‘
Der Hauptmann hatte ursprünglich einen Ausdruck auf seinem Gesicht getragen, der davon zeugte, dass er Frieden geschlossen hatte und dem Tod entspannt entgegensah.
Doch überraschte ihn die Realität damit, dass seine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Die Dämonen in schwarzen Roben hatten von Anfang an nicht vorgehabt, ihn oder seine Untergebenen anzugreifen. In ihrem Ansturm waren sie an ihnen vorbeigeprescht und direkt an die Brustwehr der Mauer geeilt.
„Ha!“, schrie die rothaarige Dämonin, als sie die Klinge ihres Langschwertes in die Brust eines hochkletternden Troll-Soldaten vergrub.
„???“
Der Anblick der schwarz gekleideten Dämonen, die Trolle in Stücke schnitten, ließ den Hauptmann der Mauerwache glauben, dass er in einem Traum gefangen war.
„Brenne, mein Cosmo3! Meine Waifu wird dein Ende sein!“, rief ein roter Teufel, während er wild kämpfte und riss sich dabei seine schwarze Robe vom Körper. Unter dieser kam ein Hemd mit dem Bild… eines gezeichneten kleinen Mädchens mit Zwillingszöpfen zum Vorschein.
Nach dieser Offenbarung griff der Dämon seinen Hammer fester und ließ ihn auf einen ahnungslosen Troll-Soldaten niederschmettern. Dessen Kopf zerbarst wie eine Wassermelone.
Die Reaktion der Ritter, die die Mauer bewacht hatten, war vollständige Verwirrung.
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- Eine Anspielung auf den Anime Saint Seiya.
- Eigentlich wäre es „Anti-Dämonen-Balliste“. Doch sie so zu nennen, würde aus meiner Sicht nicht wirklich dazu passen, dass hier ein Ritter seinen Kameraden etwas zuruft. Wieso würde er in der Hitze der Schlacht das Teil bei seinem kompletten offiziellen Namen nennen?
- Siehe Anmerkung 1.