Kapitel 41 – Ein Trick?
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Kapitel 41 – Ein Trick?
Man konnte nicht dem Anschein entkommen, dass es wohl doch einige Ähnlichkeiten zwischen den Schülern dieser Klasse gab. Zum Beispiel reagierten einige von ihnen gar nicht auf ein derartig schockierendes Ereignis, im genaueren Ji Bai und Lin. Die beiden, die, so weit entfernt sie es konnten, auf beiden Seiten des Klassenzimmers saßen, blickten nur kurz zu dem Troll und kümmerten sich dann nicht mehr um ihn. Der Scharlatan hingegen zitterte vor Angst wie Espenlaub.
Ji Bais Reaktion, als er den Troll sah? Er blieb einfach nur wachsam, wie es von einem Ritter zu erwarten war. So langsam begann er gar, sich an diese seltsamen Sachen, die vor seinen Augen geschahen, zu gewöhnen. Lin hingegen zeigte wahrlich kein Interesse, diese Geschehnisse waren wohl nichts neues für sie.
Den erbärmlichen Zustand der Tür im Blick, fragte sich Ji Bai, ob er nicht ein SWAT-Team rufen sollte, um den Eingang zu wieder verstärken1.
Doch gerade, als sich diese Idee in seinem Geiste festsetzen wollte, sah er den rothaarigen Troll mit den Fingern schnipste. Daraufhin entfaltete sich eine Szene, die aus tausendundeiner Nacht stammen könnte.
Es war, als würde die Zeit rückwärts laufen… Die verstreuten Bruchstücke des ehemaligen Türrahmens, sowie die Tür selbst flogen wie von unsichtbaren Fäden gezogen in die Luft und folgten ihrer ehemaligen Flugbahn. Newtons Gesetze missachtend fügten sie sich wie ein Puzzle wieder zusammen.
In einem Augenblick war das Loch in der Wand von einer wie neu aussehenden Tür ersetzt worden.
Dieser Vorgang lief schnell und flüssig ab. Ihm zuzusehen, war, wie den Lauf eines Baches zu beobachten. Der Troll hatte sich dabei nicht einmal umgedreht, um das Ganze zu überwachen. Sein grobes und faltenübersätes Gesicht strahlte die Aura der Nebensächlichkeit aus; Als ob derartiges normal und nichts, worüber man sich aufregen könnte, wäre. Mit seinen unmenschlichen Augen blickte der Troll durch den Raum. Als sie kurz an Ji Bai hängen blieben, lächelte er leicht. In seinem Gesicht lagen Spuren von Verachtung. Ohne etwas zu sagen, setzte er sich… Auf den Tisch in der Mitte des Raumes.
‚Nun gut, bei seiner Körpergröße ist da wohl nichts anderes zu machen.‘
Mit einem Blick voller Mitleid beobachtete Ji Bai, wie die Beine des Tisches unter dem Gewicht des massigen Trolls zitterten. Leise murmelte er „Amen.“
Der Klassenraum war innerhalb kürzester Zeit zu einem in Stille gehülltes Sammelbecken verschiedenster Kuriositäten, die sich in ihren Eigenarten gegenseitig überboten, geworden. Selbst der Scharlatan, der seine Fake-Medizin verkaufen wollte, hatte sich niedergeschlagen auf einen der vorderen Sitze niedergelassen. Als er die drei anderen, die in ihren Herzen anscheinend großen Groll hegten, betrachtete, konnte er nicht anders, als unwillkürlich zu schlucken.
„Seifenblasen~ Seifenblasen~“ Doch gerade als die Stimmung in Befangenheit umgeschwenkt war, erklang eine lebhafte Stimme; Sie klang so melodiös wie eine Glocke, so unverbraucht wie Quellwasser. Wie die Wellen eines Steines, der in die Mitte eines Teiches geworfen wird und auf der einst ruhige Oberfläche Wellen schlug, beendete eine neu Ankommende die Stille, die sich über den Raum gelegt hatte.
Das lebensfrohe Klacken, dass die Absätze der Besitzerin jener Stimme erzeugten, während sie vor Freude hüpfte und eine Melodie voller Energie summte, lockerten die Stimmung ein wenig.
Einige subtile, wohlgesonnene Ausdrücke hatten sich auf die Gesichter der Anwesenden geschlichen. Nur Lin betrachtete weiterhin uninteressiert ein mit Wasserfarben gemaltes Bild an der Wand.
Ji Bai, der seinen Kopf auf seine Hände gestützt hatte, runzelte die Brauen. Ihn beschlich das Gefühl, diese Stimme bereits irgendwo gehört zu haben…
Bevor er sich daran erinnern konnte, wann er sie gehört hatte, betrat eine leuchtende Gestalt den Klassenraum. Sie machte auf den ersten Blick den Eindruck eines Schmetterlings: Es war ein Mädchen, das zahlreiche Accessoires sowie ein langes, weißes, mit Gold verziertes und aufwendig dekoriertes Kleid trug. Ihre Haare schienen wie flüssiges Gold und wurden von einem weißen Haarband, dass vor ihren Katzenohren saß, gebändigt. Und ihr kleines und entzückendes Gesicht schien so zerbrechlich wie eine Eisstatue, glänzte jedoch voller Freude.
Mit einem Knall schlug Ji Bai seine Hände auf den Tisch, aus seiner Trägheit erwacht. Voller Unglauben rieb er sich die Augen.
‚Ahh! Kein Wunder, dass sie mir bekannt vorkommt! Die Kleine, die hier voller Freude herumspringt ist doch die, die an der Bushaltestelle um Almosen gebettelt hat! Was ist hier los? …Ist das vielleicht ihr Zwilling?‘ Er war nicht gewillt, derartig unwahrscheinliches zu glauben.
Sein Gesicht begann, unwillkürlich zu zucken und ein stechender Schmerz pochte ihm in der Magengegend.
‚Zahlreiche Verzierungen und Accessoires, schillernder, maßgefertigter Stoff und edle Schuhe aus erstklassigem Leder… Was für ein strahlendes und prächtiges Aussehen.2‘
Ji Bai sah an sich selbst runter und zupfte an seinem billigen T-shirt, welches voller Falten war. Seine Kleidung war schon so häufig gewaschen worden, dass ihre ursprüngliche Farbe verblasst war. Egal, wer ihn ansehen würde, müsste bei seinem Anblick unwillkürlich an elende Armut denken.
‚Was ist das, was gerade meine Sicht verwischt?? Ah, Armut!‘
‚Halt! Darum geht es doch nicht! Wichtig ist… ich bin getäuscht worden!!‘
‚Meine Mama b-braucht das Geld…‘
‚Ich bin so arm…‘
‚Fick dich! Wenn du arm bist, was bin ich dann?? Ich bin wirklich ein richtiger Idiot! Ich bin meilenweit davon entfernt, genug Geld zu haben und habe doch mein ganzes Geld einer reichen Betrügerin gegeben! Wie nur habe ich das nur verdient?‘
Ji Bai wurde immer und immer wütender, als er die Neko am Lehrerpult posieren sah. Schnell wie der Wind schnellte er auf und eilte mit großen Schritten zur Goldhaarigen, derjenigen, welche sein Mitleid schamlos ausgenutzt hatte, und griff sie am Handgelenk.
„Ah! Was! Was soll das, Onkel? Lass mich los~!“ Auf dem Gesicht des Mädchens hatte sich Panik breit gemacht. „Wenn du meine Sachen beschmutzt, wirst du dafür zahlen müssen! …Auch wenn du dafür deine Organe verkaufen musst! Loslassen!“ Ihr entsetzter Blick verriet, wie sehr sie dem eisernen Griff um ihr Handgelenk entkommen wollte, jedoch hatte sie Angst, dabei ihre Kleidung zu zerreißen. Daher wagte sie nicht, unbedacht zu handeln und konnte nur abwarten, was geschehen würde.
„Deine Sachen? Haha, hast du mich immer noch nicht erkannt?“, lachte Ji Bai grimmig und blickte dem wütenden Katzenmädchen in die Augen.
„Dich? … Wer bist du? Ich kenne dich nicht, ist das klar?! Wer würde auch mit einem armen Schlucker wie dir zu tun haben wollen?? Hör auf, dir irgendwelche Geschichten auszudenken!“ Die Kleine blies ihre Wangen auf und stritt alles in einem perfekten Schauspiel ab.
‚Ha, sie ist wirklich selbstbewusst…‘ Wenn Ji Bai nicht die Aufregung in ihren Augen gesehen hätte, wäre er fast bereit gewesen, ihr zu glauben.
„Haha… Möchtest du das wirklich abstreiten? Spar dir die Mühe! Auch wenn du nicht dieselben Lumpen trägst, selbst wenn du Asche in einer Urne wärst, würde ich dich immer erkennen! Und du denkst also, ich wäre schmutzig? Okay! Da ich so dreckig bin, möchte ich gerne sehen, wie sauber doch ein Schwindler wie du ist!“
‚Du hast jemanden auf so dreiste und selbstbewusste Art betrogen und wagst es dennoch, so ein schönes Kleid zu tragen… Wie widerlich! Selbst ich habe nur selten sowas getrage-…3 Hust, hust! Nein! Also, es ist einfach nur falsch, andere zu betrügen! Nicht nur das, ihr unerschrockenes Auftreten zeigt, dass sie das nicht zum ersten Mal gemacht hat!‘
Während seine eine Hand immer noch ihr Handgelenk umklammerte, wanderte die andere in Richtung des Saumes des Kleides der Kleinen.
„Ahh~ Stop! Halt! Ahh! Hier ist ein Perverser alter Mann! Hilfe!“