ATAPOW Chapter 109(German)

Kapitel 109 – Grausamkeit und Unbarmherzigkeit


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Kapitel 109 – Grausamkeit und Unbarmherzigkeit

Die schwarz-grauen Partikel wurden von den Goblins eingeatmet.

„Ukeke… Eehwuhahhh!?“ Die Gesichter der frenetischen Goblins erstarrten, ihre Bewegungen stoppten und Tränen traten aus ihren kleinen, gelb glitzernden Augen aus.

„Uwawah, keh, keh…“ Die Goblins, die Xiaosha zu Boden pressten, hatten keine Zeit, sich um die Neko zu kümmern, da sie sich die Brust halten mussten und gezwungen waren, heftig zu keuchen. Dies sorgte dafür, dass sie ihr Gleichgewicht verloren und von ihr runterfielen.

Nachdem er das schwarz-graue Pulver aus seiner Gürteltasche in der Luft verteilt hatte, hatte Ji Bai die [Wirbelwind-Klinge] genutzt, um es im ganzen Raum zu verteilen.

„Keh, keh… Wwawah!“ Die Goblins bedeckten ihre Münder in Schmerzen. Sie konnten fühlen, wie ein unablässiger Kopfschmerz in ihnen aufstieg, welcher von den Partikeln, die in der Luft verteilt worden waren, ausgelöst wurde. Diese hatten einen Weg in ihre Lungen gefunden, sich dort gebunden und ihnen die Fähigkeit genommen, richtig zu atmen. Unter diesen Bedingungen konnten sie nicht anders, als besiegt zu fliehen.

Doch die Goblins in den hinteren Reihen wussten nicht, was vor ihnen geschah und fuhren damit fort, ihre Kameraden nach vorne zu drücken und ihnen nicht zu erlauben, sich zurückzuziehen. Die fliehenden Goblins taten jedoch alles, was sie nur konnten; Sie erhoben gar ihre Waffen gegen ihre Kameraden und schleuderten einige der Partikel umher. Es dauerte nicht lange, bis der interne Machtkampf der Gruppen zu einem chaotischen Handgemenge ausartete.

Xiaomu nahm hastig eine Maske aus ihrer Tasche und bedeckte schnell ihren Mund. Jedoch war Xiaosha nicht in der Lage, das Gleiche tun zu können; Ihre Kleidung war ihr abgerissen worden und ihr gesamter Körper mit widerlichem Speichel überdeckt. Doch ihr Geist war in einem noch schlechteren Zustand; Ihre Augen hatten jeden Glanz verloren, sie wirkte wie jemand ohne verbliebenen Lebenswillen.

Ji Bai fand in ihrer Tasche nur noch eine zerfetzte Maske, die nicht mehr nutzbar war. Somit konnte er ihr nur seine eigene Maske aufsetzten.

„Geht es… Hust, hust… allen gut?“, fragte Huo Lei, als er an die Seite seiner Kameraden trat. Sein Mund war nur unzureichend mit seiner Maske bedeckt.

„Was ist das eigentlich für ein Zeug, Kamerad?“

„Molybdän, das zu Pulver zerkleinert wurde. Wenn man es durch Mund oder Nase einatmet, dringt es in deinen Körper ein, heftet sich an deine Schleimhäute und sorgt dabei für ein brennendes Gefühl. Es ist besonders gegen Goblins effizient.“, erklärte Ji Bai beiläufig.

„Musst du dann nicht auch eine Maske tragen?“

„Ich habe einen Helm. Außerdem hat das Zeug keinen großen Effekt auf Menschen.

Ji Bai hob Xiaosha auf und trug sie in seinen Armen – ohne sich dabei um den transparenten Speichel auf ihrem Körper zu kümmern. Vorsichtig hielt er seine Hand vor ihre Nase und stellte sicher, dass sie stabil atmete und untersuchte sie ein weiteres Mal. Obwohl sie keine physischen Verletzungen erlitten hatte, war ihm klar, dass sie schwere mentale Schäden davongetragen hatte.

‚Auch wenn ihr an sich nicht viel angetan worden ist, wurde sie als junges Mädchen von solch widerlichen Kreaturen auf eine solche Weise behandelt… Eine auch nur leicht fragile Frau hätte wohl einfach ihr eigenes Leben beendet… Nein, selbst eine normale Frau würde genau das tun.‘

„Xiaosha… Was ist mit ihr los?“, fragte Xiaomu sorgenerfüllt, als sie die glanzlosen Augen der kleinen Neko erblickte. Niemand wäre in der Lage, zuzulassen, dass ein schweres Trauma einem derartig bezaubernden Mädchen, wie Xiaosha es war, auf Dauer schadete.

Mit sorgenerfülltem Gesicht betrachtete Huo Lei das reglose Mädchen schweigend.

„Sieh es einfach nur als ein wenig schmutziges Wasser auf deinem Körper an. Wenn wir zurück sind, kannst du baden und alles ist in Ordnung.“, versuchte Ji Bai, Xiaosha zu beruhigen, bevor er ihr vorsichtig über das Gesicht strich und leicht ihre Nase kniff.

Die leeren Augen der kleinen Neko zuckten und eine vergangene Szene blitzte durch ihren Geist.

……………

In einem Palast, der von einem Meer an Flammen umgeben war, hielt eine Frau in einem teurem Kleid Xiaoshas Gesicht.

„Sha‘er, mein Kind1. Beiß die Zähne zusammen und leb weiter! Du musst dich um nichts sorgen. Natürlich kannst du stets einsam und frustriert sein, aber erinnere dich daran, dass du nie den einfachen Ausweg wählen solltest. Auch wenn du alleine bist, musst du deinen Weg weiter beschreiten. Schließlich bist du…“

Als Flammen ihr Sichtfeld ausfüllten, wich ihr Traum einem Wachzustand. Genau wie zuvor gab es nur sie und nur sie alleine.

Doch erblickte sie einen metallenen Helm, der ruhig auf sie gerichtet war.

„Bist du wach?“, fragte Ji Bai.

„Xiaosha! Wie geht es dir??“ Nun traten auch zwei andere Personen besorgt in ihr Sichtfeld.

Huo Lei lehnte sich nur nach vorne, sagte jedoch nicht. Ein Blitzen der Selbstbeschuldigung war in seinen Augen zu erblicken.

„…“ Unsicher blickte sich Xiaosha um und richtete schlussendlich ihren Blick auf denjenigen behelmten, der sie in seinen Armen trug.

„…Alter Perverser, du hast mir versprochen, mich zu beschützen.“, murmelte sie, während sie ihren Kopf gegen Ji Bais Brust lehnte.

„…Es tut mir leid.“

„Wenn Entschuldigen alles lösen können, wen müssen die Toten dann finden, um wiederbelebt zu werden?“ Obwohl ihre Frage augenscheinlich an Ji Bai gerichtet war, schien es auch, als ob sie niemand speziellen als Ziel hatte.

„Warum…“, brachte sie nur mit starken Spuren von Trauer in ihrer Stimme vor. Sie wirkte wie ein Kätzchen, welches sich an einer Boje festklammerte, nachdem sie in einen eisigen See gefallen und fast ertrunken war; Sie war nicht in der Lage, loszulassen.

„Die Goblins dieses Nests werden nicht mehr lange weiterleben.“, sprach Ji Bai in einem eiskalt ruhigen Tonfall, der es vermochte, einem jedem Angst einzujagen.

„Wenn es dir Ruhe verschaffen kann, wenn sie nicht mehr sind…“

„Mhm…“, meinte Xiaosha nur und schmiegte ihren Körper enger in Ji Bais Arme. Alles, was sie aktuell wollte, war, sich auszuruhen und ihr Bestes zu geben, den realen Albtraum, dem sie ausgesetzt worden war, zu vergessen.

„Wieso…“, mischte sich Huo Lei ein und blickte kurz auf Xiaosha, „Warum kehren wir nicht fürs erste zum Orden zurück? Wir sind alle nicht unversehrt, vor allem unsere Psyche…“

Doch Ji Bai schüttelte seinen Kopf. „Nein, können wir jetzt nicht.“

„Warum??“

„Wenn ich mich nicht irre, dürften die Goblins gerade dabei sein, den Eingang zu blockieren. Sie sind nicht dumm genug, um ihre Beute entkommen zu lassen. Wir würden mit Sicherheit in eine Falle laufen, wenn wir jetzt umkehren.“, erklärte Ji Bai wie gleichgültig.

„W-Was sollen wir dann tun…??“ Xiaomu tat ihr Bestes, um nicht zu weinen.

„Einen anderen Weg finden. Molybdänpulver ist nichts als eine Ablenkung; Es tötet sie nicht. Wir sollten nicht lange hierbleiben.“

„Denkst du etwa, dass die Goblins zurückkommen werden??“ Xiaomu erblasste und Xiaosha, immer noch von Ji Bai gehalten, erzitterte.

„Dann sollten wir uns beeilen und diesen Ort verlassen!“

„Davor müssen wir uns noch um etwas anderes kümmern.“, stellte Ji Bai fest, während er sich einen Mantel, den er trug, auszog und über Xiaoshas Schultern legte. Anschließend rammte er die Klinge seines Schwertes in den Boden, nahm einen Dolch in die Hand und trat an einige nahe Hütten, welche aus grober Barke gefertigt waren, heran.

„Da fällt mir ein, was ist mit deinen Verletzungen?“

„Kein Problem.“

Auch wenn Xiaomu und Huo Lei ihn verwirrt ansahen, folgten sie ihm. Ji Bai trat eine hölzerne Tür auf, lehnte sich nach vorne und blickte in die Hütte. Im Inneren waren viele Exkremente und dreckige Abfälle verstreut. Aber auch…

„I-… Ist sie…?“

„Ein lebender Mensch??“

Im Zentrum der Hütte lag ein menschliches Mädchen, der jegliche Kleidung vom Leib gerissen worden war. Sie lag alleine dar und nur ein Stück Fell bedeckte ihre Schultern. Doch was Ji Bais Gruppenmitglieder am meisten schockierte, war, dass sie keinerlei Arme noch Beide mehr hatte, dass verzweifelte Leere ihre Augen füllte und ihr gesamtes Gesicht mit schrecklichen Narben übersäht war. Wenn sie nicht geatmet hätte, hätten sie sie gar für tot gehalten.

Ihre Pupillen waren von einem wunderschönen, hellen Blau. Wahrscheinlich war sie, bevor die Goblins sie gefangen nahmen, eine wahre Schönheit gewesen.

„W-Was ist ihr…“ Xiaomu war geschockt und konnte die extrem mitleidserregende Figur nur anstarren. Und Xiaoshas Pupillen zogen sich panisch zusammen. Die noch immer schwelende Angst in ihrem Herzen ließ sie ihren Kopf senken und nicht zu wagen, das unglückliche Mädchen direkt anzusehen.

Wohl, da sie eine ihr bekannte Sprache vernahm, blinzelte das Mädchen ohne Gliedmaßen kurz und fokussierte ihren Blick. Sie bewegte ihren Kopf leicht, um die drei Personen am Eingang der Hütte, ebenso wie den behelmten Menschen, der – einen Dolch in der Hand – neben ihr kniete, zu betrachten.

„Möchtest du frei sein?“, ertönte eine gedämpfte und doch äußerst freundliche Stimme von innerhalb des Helms.

„Ji Bai… Was hast du vor?“, fragte Xiaomu verängstigt. Ihr kam etwas an seiner Frage falsch vor. Huo Lei senkte nur mit gerunzelten Brauen seinen Kopf.

„Aaaa…“ Das junge Mädchen schien Ji Bais Worte verstanden zu haben und versuchte, ihm zu antworten. Doch gelang ihr dies nicht – ihr Kehlkopf war bereits im Zustand der Totenstarre. So konnte sie nur die schwachen Reste an Stärke, die sie noch besaß, ausstoßen und ihren Kopf mit Mühe auf und ab bewegen.

Ohne ein großes Geräusch zu verursachen, bohrte sich Ji Bais Dolch in ihren Körper.

Daraufhin schlossen sich langsam ihre müden Augen und sie zwang ein dankbares Lächeln auf ihre Lippen. Langsam, aber sicher schlief sie friedlich ein.

Xiaosha schloss ihre Augen und wandte sich ab. Und die Falten zwischen Huo Leis Augen vertieften sich immer weiter.

„J-Ji Bai! D-Du hast sie getötet!?“, stieß Xiaomu schockiert aus, als Ji Bai ohne jede Eile seinen Dolch aus der bereits erkaltenden Leiche des jungen Mädchens zog.

„Warum-… Warum musst du so unbarmherzig sein…“ Sie war relativ unerfahren und dies war das erste Mal, dass sie auf einem Schlachtfeld stand. Somit besaß sie noch nicht das notwendige Wissen, um zu verstehen, wie Ji Bai mit derartiger Entschlossenheit das Leben eines so unglücklichen Mädchens beenden konnte.

„Es ist vielleicht unbarmherzig, ihr zu erlauben, zu sterben. Aber es wäre grausam, sie zu zwingen, weiterzuleben.“, sprach Ji Bai nur, als er aufstand.


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  1. Was ich hier gewählt habe, zeigt wieder ein gewisses Problem bezüglich der Übersetzung aus dem Chinesischen (in diesem Fall über den Umweg von English) ins Deutsche. In der englischen Übersetzung und dieser hier wurde ‚Sha’er‘ als Anrede gewählt. An sich bedeutet dies sowas wie ‚Kind Sha‘ oder, deutscher ausgedrückt ‚Shachen‘/‘Shalein‘, kann also als eine Verniedlichungsform ähnlich wie das japanische ‚-chan‘ verstanden werden. Wichtig ist aber, dass es kein direktes Analog ist, somit also auch in komplett anderen Kontexten als in den genannten anderen Sprachen genutzt wird/werden kann. Der Vergleich soll nur zur Anschaulichkeit dienen. ‚Xiaosha‘ oder ‚Lil‘ Sha‘ – wie sie in der englischen Übersetzung genannt wird – stellt daher den Kontrast zwischen der Wiedergabe der originalen Form und einer übersetzten Form dar. Wie schon zuvor dargestellt, hatte ich mich gegen die Nutzung von ‚kleine Sha‘ und für ‚Xiaosha‘ entschieden. Analog davon habe ich auch den Namen ‚Ke’er‘ belassen und wähle daher auch ‚Sha’er‘ als Übersetzung.

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