Kapitel 38 – Störungen
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Kapitel 38 – Störungen
In einem gewissen Stadtteil in der Mitte von Grenzstadt lag die Niederlassung des Ritterordens des Strahlenden Ritters. In deren Gebäude:
„Es tut uns furchtbar leid! Euer Besuch war äußerst plötzlich, geehrter Ritter der Heiligen Flamme. Wir hatten nicht genug Zeit, um Euch eine angemessene Zeremonie vorzubereiten. Bitte vergebt uns diesen Fehler.“ Der Ritter, welcher das Aussehen eines Schönlings hatte – er trug luxuriöse, golden gefärbte Zeremonienroben – warf seinem Besucher noch einen letzten Blick zu, bevor er sich vor ihm verbeugte.
„Keine Sorge, wir sind doch beide Ritter, also ist sowas geschmackloses nicht nötig.“ Manda signalisierte seinem Gegenüber mit dem Winken seiner Hand, dass er nicht so überhöflich sein müsste und entgegnete den Gruß. Anschließend setzte er sich auf ein mit Fellen überzogenes Sofa.
Der golden gekleidete Ritter runzelte leicht die Brauen, lächelte aber anschließend höflich. Manda hatte den kurzen Zweifel nicht bemerkt, da er nur einen Sekundenbruchteil angehalten hatte.
„Es tut mir leid, Komtur Lan1, dass ein alter Sack wie ich Ihnen Probleme bereitet. Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel.“
„Wie könnte ich nur? Diese Niederlassung ist nichts Weiteres als eine einfache Abteilung des Ordens. Eure Exzellenz kümmert sich nur um interne Angelegenheiten, mehr nicht. Auch wenn Ihr darauf beharren solltet, dass das hier nur ein Wohnheim wäre, ist es immer noch ein Wohnheim, in dem viele ‚Strahlende Ritter‘ wohnen.“, entgegnete der Komtur unterwürfig und senkte dabei seinen Kopf.
„Haha!“ Manda lachte laut auf und blickte den wohlgekleideten Ritter vor sich wohlwollend an. „Das war nur ein Scherz. Ihr seid wohl ein wenig zu ernst, Komtur Lan. Aber ich kann nicht sagen, dass ich solche Sprösslinge nicht mag.“
„Als seine Exzellenz, der Ritterkönig, von uns gegangen war, hatte ich befürchtet, dass der Orden durch diesen schweren Schlag in sich zusammenfallen würde. Aber nun scheint es mir, dass meine Sorgen unnötig waren! Die nahe und auch die entfernte Zukunft des Ritterordens der ‚Strahlenden Ritter‘ liegt nicht mehr in den Händen von uns alten Säcken.“ Zufrieden sah Manda den jungen Mann vor sich, den er selbst ausgebildet hatte, an und nickte. „Stattdessen werden junge, leidenschaftlich Begeisterte die Zukunft formen!“
„Sicher scherzen Sie, Meister. Im Vergleich mit Ihnen bin ich nur ein blutiger Anfänger. Während Sie auf das Schlachtfeld stürmen, kann ich immer noch nur zusehen. Alle unsere Vorgesetzten haben schon so viel erreicht, wir Jungen aber noch gar nichts. Wenn mir nicht von Anfang an geholfen worden wäre, wüsste ich nicht, wo ich noch gelandet wäre.“
„Hey, sei doch nicht so bescheiden. Es waren deine eigenen Anstrengungen, durch die du das hier erreicht hast. Ich habe dir doch kaum geholfen… Junge, arbeite einfach weiter. Ihr alle seid die Zukunft unseres Ordens.“ Manda stand auf und legte seine Hand auf Lans Schulter.
Doch plötzlich wurde die Tür zu dem Büro, in dem sie standen, aufgestoßen. „Geehrter Komtur, ich habe Dringendes zu berichten!“ Ein Ritter, an dessen Seite ein langes Schwert hing, stand aufrecht auf der anderen Seite.
„Wie unverschämt! Hast du nicht mitgekriegt, dass der Ritter der Heiligen Flamme zu Besuch ist?? Warum störst du uns? Trete zurück!“
„A-Aber…“ Der niederrangige Ritter, der nur seinen Bericht abgeben wollte, wagte es nicht, seinem direkten Vorgesetzten zu widersprechen. Und dennoch war der Zwischenfall, der eingetreten war, von höchster Priorität.
„Was ‚aber‘?! Trete zurück! Es ist deine Verantwortung, wenn du unserem geehrten Gast Unannehmlichkeiten bescherst!“ Lans Gesichtsausdruck war düster geworden, er starrte den zögernden Ritter in der Tür grimmig an.
Manda winkte mit der Hand. „Hey, ihm zuzuhören schadet doch niemandem. Tut einfach so, als ob ich Luft wäre.“
„Aber… Eure Exzellenz, ihr seid doch nur selten hier. Wieso also lasst Ihr mich nicht einfach Euch bei einem Spaziergang durch Grenzstadt begleiten? Es dürfte nichts Relevantes sein, also könnt Ihr es einfach der jüngeren Generation überlassen.“
„Keine Sorge. Du solltest aber auch nicht wegen mir die Angelegenheiten dieser Niederlassung verzögern. Leute in unseren Positionen müssen sich immer vor Augen halten, dass eine jede unserer Entscheidungen die Leben von Millionen Menschen beeinflusst. Da gibt es keinen Raum für Fehler!“ Munda runzelte leicht die Stirn. Sein ruhiger und doch mächtiger Blick war der eines Löwen; Er signalisierte dem immer noch in der Tür stehenden Ritter, weiter zu sprechen.
„In Ordnung, wenn Ihr darauf besteht…“ Machtlos gab Lan Manda Recht. „Schläfst du gerade? Hast du nicht gehört, dass der Ritter der Heiligen Flamme dir erlaubt hast, Bericht zu erstatten?“ Er bedachte seinen Untergeordneten mit einem kalten Blick.
„Ah… Ja! Ich erstatte dem Komtur und Eurer Exzellenz, dem Ritter der Heiligen Flamme Bericht. Laut Meldungen aus der Bevölkerung, wird die Nordseite der Stadt von einigen Dämonen angegriffen!“
„Und den Müll soll ich glauben!? Die Stadttore und die Heilige Barriere funktionieren wie immer! Also, wie könnten Dämonen in die Stadt eindringen? Du weißt doch, dass du zu Verantwortung gezogen wirst, falls das eine Lüge ist??“ Die Düsterheit auf Lans Gesicht glich der von Gewitterwolken.
Manda hingegen falte seine Hände hinter dem Rücken. „Ist die Information korrekt?“ Mit leicht gerunzelten Brauen blickte er den Ritter an.
„Definitiv. Es gibt sogar schon einige Verluste! Die Aufklärungsstation fordert Unterstützung an, um das Gebiet zu verstärken.“
„Wurde schon das Rettungsteam in Bewegung gesetzt? Wie hoch sind die Verluste schon?“ Die Falten auf Mandas Stirn vertieften sich.
„Das Rettungsteam sagte… Dass sie es nicht wagen, die Evakuation und Hilfe ohne die Erlaubnis des Ordens durchführen.“
„Wie absurd! Ein Unglück trifft ein und jeder versucht nur, seine Verantwortung an andere abzugeben!“ In einem Wutanfall schlug Manda auf die Armlehne eines Stuhls. Sie knackte laut. „Schön, dass sie sich von ihrer Verantwortung gelöst haben, aber was ist mit den Zivilisten? Wer ist denn laut ihnen dafür verantwortlich, sie zu schützen?“
„Sag dem Rettungsteam, dass der Ritter der Heiligen Flamme ihnen aufträgt, Unterstützung zu leisten. Und der restliche Orden wird ihnen bald folgen. Mal sehen, ob sie die Worte eines Älteren wie mich ehren!“
„Ja, ja…“ Da er Mandas würdevoller, löwenähnlicher Aura gegenüberstand, konnte der Niederrangige nur unterwürfig nicken und anschließend die Tür schließen.
Mit gerunzelten Brauen blickte Manda zu dem in Gold gehüllten Ritter neben sich, dessen Gesicht einen hässlichen Ausdruck angenommen hatte. „Lan, bitte sende sofort einige Ritter nach Norden.“
„Kein Problem, Meister… Aber wie haben die Dämonen es geschafft, in die Stadt einzudringen?“
„Das können wir später noch untersuchen. Am wichtigsten ist gerade, sofort den betroffenen Stadtteil zu verstärken. Für Dämonen sind hilflose und unbewaffnete Zivilisten nichts anderes als umherlaufendes Vieh.“
„In Ordnung, ich verstehe… Hä?“ Lan war etwas überrascht, als Manda das schwarze Schwert, dass ihn schon seit vielen Jahren begleitet hatte, aus der Scheide zog. „Geht Ihr etwa persönlich dorthin?? Ich würde doch ausreichen, wie könnte ich Euch nur damit belasten?“, versuchte er, dem älteren Mann von dessen Plan abzuraten.
„Wieso nicht? Seitdem ich nicht mehr an der Front kämpfe, habe ich meine Fähigkeiten nicht mehr zeigen können. Es sollte doch kein Problem sein, wenn ich persönlich die Verstärkungen anführe, oder, Komtur Lan?“ Am Ende seiner Frage stand Manda bereits an der Tür.
Nachdem sich diese kurze Zeit später mit einem Klicken geschlossen hatte, stand nur noch Lan in dem Raum. Sein Gesicht hatte eine aschfahle Farbe angenommen und seine Zähne hatte er fest zusammengebissen.