Kapitel 79 – Weißt du, wer ich bin?
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Kapitel 79 – Weißt du, wer ich bin?
„Können Sie mir also sagen, wer Sie sind, Sir? Und, woher Sie kommen??“, hakte der Hauptmann der Wachen nach, während Alarmglocken in seinem Gehirn schrillten. Seine Hand wanderte zum Griff seines Schwertes. Sobald seine Untergebenen hinter ihm dies bemerkten, taten sie es ihm gleich.
„Ich bin nur ein armer Mönch aus der chinesischen Tang-Dynastie.“, grinste Ji Bai nur und stupste dem Ritter, dem er gefolgt war, auf die Schulter. Anschließend stieß er ihn nach vorne, sodass er in der Umarmung seines Vorgesetzten endete und nutzte die entstehende Verwirrung, um den Wachen davonzulaufen.
„Du Halunke!“, schrie der Hauptmann der Wachen wutentbrannt auf, nachdem er sich von seiner Überraschung befreit hatte. „Wie kannst du es wagen, dich an einen heiligen Ort so respektlos zu verhalten?? Ihr alle, ihm nach! Haltet ihn auf! Lasst ihn bloß nichts entkommen!“
Seine Untergebenen folgten seinen Anweisungen sofort, zogen ihre Schwerter und rannten dem Eindringling hinterher.
„Hallo?? …Peter? Was soll das Ganze? Wie kannst du es wagen, jemanden ohne Ausweis hier reinzulassen! Das lange Rumstehen muss deinem Hirn wirklich zugesetzt haben, oder??“
„Ähh… Ahh?? W-Wer schreit so laut…?“, wunderte sich Peter, welcher immer noch in der Umarmung seines Vorgesetzten hing. Er hob seinen Kopf langsam und vorsichtig, als ob er gerade erst aufgewacht war.
Die Augen der Beiden trafen sich und erkundete ihre jeweiligen Absichten.
„…Hä?! H-Hauptmann? Warum umarmen Sie mich…? Ähm, das geht mir ein wenig zu schnell. Ich habe mich nicht vorbereiten können, sollten wir nicht lieber die vorherigen Schritte durchlaufen oder so…?“
Ohne die Miene zu verziehen, ließ der Hauptmann ihn zu Boden fallen.
„Ah!“, rief Peter, als er auf seinem Hintern landete.
„Ich werde mich später damit befassen, dass du deinen Posten verlassen hast. Folge mir und helf‘ mir, ihn wieder einzufangen. Wenn er entkommt, ist es alleine deine Schuld!“, wies der Hauptmann ihn an und schloss sich mit gezückter Waffe seinen Untergebenen beim Verfolgen des mysteriösen Mannes an.
„Ohh… Jetzt mal wirklich, habe ich nicht einfach nur kurz geschlafen? Warum muss er so grob sein?“, wunderte sich Peter. Er war der Auffassung, falsch behandelt worden zu sein.
…………….
Ji Bai kannte den inneren Aufbau einer Niederlassung der heiligen Kampfkunstorganisation wie seine Westentasche. Es wäre sogar keine Übertreibung, zu behaupten, dass er jeden einzelnen Winkel auswendig kannte.
Hierzu muss gesagt werden, dass er früher Gebäude der heiligen Kampfkunstorganisation für Spaziergänge genutzt hatte. Als der amtierende Ritterkönig war sein Status weit über denjenigen der vielen ignoranten Angeber gewesen. Nach seinen Spaziergängen hatte er sich stets mit dem ‚Unsterblichen Ritter‘ unterhalten und Witze ausgetauscht.
Der innere Aufbau jeder Niederlassung der Organisation war quasi identisch. Obwohl Ji Bai noch nie zuvor die Niederlassung in Grenzstadt betreten hatte, schaffte er es trotzdem mit Leichtigkeit, den Wachen zu entkommen. Diese waren komplett im Unklaren darüber, wie weit er sich schon von ihnen entfernt und sie durcheinandergebracht hatte.
Nach kurzer Zeit traf er vor der Tür eines Raumes im obersten Stockwerk des Gebäudes ein und stieß sie auf.
„Wer ist da? Habe ich euch nicht gesagt, dass ihr euch selbst um Unwichtiges kümmern könnt?“, ertönte die genervte Stimme eines Mannes.
Auf einem schweren Stuhl im Raum saß ein übergewichtiger Mann mittleren Alters, der gerade in einer Zeitung las und eine Zigarre im Mund hielt. Als sein Blick auf Ji Bai, der immer noch einen Helm mit Kreuzvisier trug, hoben sich seine Brauen.
„Du, von welchem Ritterorden bist du?? Und warum bist du hier?“
Die fragwürdige Kleidung, die der Neuankömmling trug – der einfache Helm und seine alltäglich wirkende Kleidung – verwirrten den übergewichtigen etwas. Dies führte dazu, dass er den beiden Rittern an seiner Seite, deren Aufgabe es war, ihn zu bewachen, einen bedeutungsvollen Blick zuwarf.
Ji Bai antwortete nicht. Stattdessen griff er sich einen Stuhl und setzte sich auf diesen, als ob er einen alten Freund treffen würde.
„Wie unverfroren! Aus welchem Loch bist du gekrochen, dass du dich so unverschämt verhältst! Leute, nehmt ihn fest und packt ihn in eine Zelle!“, rief der Übergewichtige wütend aus. Sein Gesicht war in Angesicht von Ji Bais Verhalten zu einer unansehnlichen Maske geworden.
Den Rittern, die sich ihm mit düsterer Absicht näherten, sah Ji Bai gelassen zu, kreuzte seine Beine und lächelte entspannt.
„Möchtest du wirklich nicht mit mir reden, mein lieber Abteilungsleiter?“
„Reden? Es gibt nichts, über das ich mit jemand suspektem wie dir besprechen könnte! Stattdessen werde ich dich für Hausfriedensbruch und Behinderung eines Beamten gefangen nehmen lassen!“, sprach der Niederlassungsleiter mit eiskalter Stimme.
„Natürlich gibt es Gesprächsthemen. Zu Beispiel sehe ich, dass der Stuhl, auf dem du da sitzt, außergewöhnlich schwer ist. Ich frage mich, wo du ihn wohl gekauft hast…“
Die Worte, die Ji Bai mit einem Lächeln ausgesprochen hatte, ließen sein übergewichtiges Gegenüber erschaudern und einen weiteren Blick auf die beiden Ritter im Raum werfen.
„Was möchtest du??“, fragte der Niederlassungsleiter mit einem hässlichen Ausdruck auf dem Gesicht.
„Habe ich das nicht schon gesagt? Ein kleines, privates Gespräch.“
„…Ihr beide verlasst den Raum. Schließt die Tür hinter euch und lasst niemand rein!“, wies der übergewichtige Mann seine Wachen mit düsterem Gesicht und zusammengebissenen Zähnen an.
Die beiden Ritter zeigten zwar Überraschung, widersprachen ihm jedoch nicht. Nach einem kurzen Salut steckten sie ihre Schwerter weg und verließen den Raum.
Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, breitete sich eine gespannte Atmosphäre aus.
„…Also, wer bist du und was möchtest du hier?“, verlor der Niederlassungsleiter als erstes die Geduld.
Ji Bai gab ihm keine direkte Antwort. Stattdessen stand er auf und klopfte auf die Rückenlehne des Stuhls, auf dem er gesessen hatte.
Leichte Risse breiteten sich auf der Oberfläche des Möbelstücks aus. Nachdem sie es komplett umfasst hatten, brachen sie auf und ließen die Beschichtung, die das strahlend goldene Innere des Stuhls verborgen hatte, abfallen.
„Gut gemacht, Niederlassungsleiter Rodo. Selbst ein einfacher Stuhl ist aus purem Gold; Dir muss es in den vergangenen Jahren ja gut ergangen sein…“
„Du… Wie hast du es herausgefunden?“, stieß Rodo unruhig mit bleichem Gesicht aus.
„Weil er von einer anderen Qualität ist? Würde es nicht jeder herausfinden, wenn er den Stuhl berührt?“
„Du…“
„Es ist nicht so, dass ich dich dafür kritisieren möchte, mein lieber Rodo. Aber wäre es nicht besser, sie sicherer zu verpacken? So könntest du sie leichter mitnehmen, wenn du das Büro hier einmal hinter dich lassen müsstest. Und auch sonst dürfte das die Nachteile dieses Stuhls besser überdecken… Und du würdest nicht so vorsichtig sein müssen. Alles in allem hast du wirklich nicht besonders intelligent gehandelt.“, sprach Ji Bai voller Hochmut.
„…Also, bist du hier, um ein Abkommen zu treffen?“, seufzte der übergewichtige Mann erleichtert.
„Oh? Wie hast du das erkannt?“
„Du hast mich nicht vor meinen Leibwächtern entblößt, das heißt, dass wir noch einiges an Verhandlungsspielraum haben. Du brauchst meine Hilfe, habe ich recht?“
„Haha.“ Ji Bai lachte nur und gab keine direkte Antwort.
„Morgen wird eine Delegation des Präsidiums für das anberaumte Gerichtsverfahren eintreffen. Zusätzlich zu ihnen wird doch ein Mitglied der lokalen Niederlassung in der Jury sitzen, nicht wahr?“
„Das stimmt… Was möchtest du also?“
„Nun, nicht wirklich viel… Ich hoffe nur, dass ich derjenige sein werde, der für diese Niederlassung teilnehmen wird.“, antwortete Ji Bai ihm mit ruhiger Stimme. Seine Beine waren immer noch entspannt gekreuzt.
„Bist du verrückt?!“ Rodo schien das Herz in die Hose rutschen zu wollen. „Was möchtest du da denn – Wir beide sind tot, wenn jemand Verdacht schöpft und dann herausfindest, dass du kein Mitglied der heiligen Kampfkunstorganisation bist! Ist dir das überhaupt klar?!…“
„Nicht doch, mein lieber Rodo. Ich glaube doch, dass du einen Weg kennst, dich um alles zu kümmern, ohne dass Verdacht aufkommt, nicht wahr?“, fragte Ji Bai und klopfte auf die Armlehne seines Stuhls.
„…Denkst du wirklich, dass du nicht auffliegst??“
„Natürlich.“
„Also schön… Aber du musst mir immer noch sagen, was du für morgen planst!“
„Das hat nichts mit dir zu tun. Auch möchte ich, wenn dieser Zwischenfall zu einem Ende gekommen ist, dass du nicht mehr diese Position bekleidest. Du solltest am besten zurücktreten und so ein Mindestmaß an Anstand bewahren.“
Im Bruchteil einer Sekunde färbte sich Rodos Gesicht, welches zuvor dabei gewesen war, sich langsam zu entspannen, tiefrot ein.
„Was!? …Übernimm dich nicht, junger Mann! Da irren menschlich ist, ist es immer besser, jemanden zu verschonen, wenn man das kann! Ich bin dir schon genug entgegengekommen, indem ich deinen Bedingungen zugestimmt habe! Vergiss bloß nicht, dass das ich hier das Sagen habe! Du hast nicht genug Einfluss, mich zum Rücktritt zwingen zu können!“, äußerte Rodo ein mehr oder weniger offene Drohung. Sein Gesicht nahm einen bösartigen Ausdruck an.
„Pfft… Nicht den Einfluss?“, lachte Ji Bai laut aus.
„Du hast dich in den letzten paar Jahren wirklich verändert. Ich kann also davon ausgehen, dass du schon lange vergessen hast, wer dich überhaupt mit einem einzigen Wort zu einem Leiter dieser Niederlassung ernannt hat, mein lieber Rodo?“
„Wa-…“ Rodos Gesicht fror ein.
„Weißt du, wer ich bin?“, spöttelte Ji Bai und stand von seinem Stuhl auf.